Reaktionen der USA auf Hamas-Angriff: Solidaritätsadressen ohne Optionen

Nicht nur Israel wurde vom Angriff der Hamas kalt erwischt. Auch die US-Regierung ereilen die Ereignisse in einem denkbar schlechten Moment.

US-Außenminister steht mit versteinerter Miene neben US-Präsident Biden, der eine Rede hinter einem Pult hält

Mit versteinerter Miene hört US-Außenminister Anthony Blinken der Rede von Präsident Biden zu Foto: Elizabeth Frantz/rtr

BERLIN taz | Auch in Washington scheint die Überraschung vom groß angelegten Hamas-Angriff auf Israel groß zu sein. Eigentlich hatte die Biden-Regierung gehofft, demnächst den zwei bisher existierenden Friedens- und Normalisierungsabkommen zwischen Israel und arabischen Staaten ein weiteres hinzufügen zu können: Außenminister Antony Blinken wollte in den nächsten Wochen sowohl nach Saudi-Arabien als auch nach Israel reisen, um letzte Details des geplanten „Abraham-Abkommens“ zu verhandeln. Ein solcher Vertrag zwischen Israel und Saudi-Arabien wäre ungleich bedeutsamer als die bisher auf US-Vermittlung geschlossenen Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain.

Doch daraus wird wohl vorerst nichts werden. Zwar legte Saudi-Arabien eine nicht ganz so scharfe Rhetorik gegenüber den Ereignissen an den Tag wie andere arabische Staaten und rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf, erinnerte aber an seine „wiederholten Warnungen vor der Gefahr einer Explosion der Situation durch die fortgesetzte Besatzung, die Entrechtung des palästinensischen Volkes und die wiederholten systematischen Provokationen“.

So blieb US-Präsident Joe Biden zunächst nichts anderes übrig, als im Beisein seines bleich und versteinert dreinblickenden Außenministers die uneingeschränkte Solidarität der USA mit Israel auszudrücken, Israel alle notwendige Unterstützung zuzusichern und zu betonen, dass Israel alles Recht der Welt habe, sich zu verteidigen.

Angriff wirkt sich auch innenpolitisch aus

Doch selbst diese Worte, die zu anderen Zeiten in der politischen Auseinandersetzung innerhalb der USA unstrittig gewesen wären, bergen heute großen Konfliktstoff. Denn wenn im Nahen Osten wirklich ein langer Krieg kommen sollte, stehen die USA vor der Herausforderung, Israel und die Ukraine gleichermaßen zu unterstützen, was selbst für die militärische Supermacht eine Herausforderung sein dürfte.

Stellt sich zudem heraus, dass der Iran bei der Planung und Finanzierung des Angriffs eine wichtige Rolle gespielt hat, kommt eine weitere innenpolitische Konfrontationslinie hinzu: Ex-Präsident und Kandidat in spe Donald Trump verbreitete schon Stunden nach Beginn des Angriffs, dieser sei in Teilen durch US-Steuerzahler finanziert worden.

Trump bezieht sich auf den im September zwischen den USA und Iran ausgehandelten Geiselaustausch: Der Iran ließ fünf US-amerikanische Gefangene frei, im Gegenzug gaben die USA 6 Milliarden Dollar eingefrorener iranischer Erdöleinnahmen aus Südkorea frei – allerdings mit der Maßgabe, dass sie auf einem Konto in Katar liegen und ausschließlich für humanitäre Zwecke ausgegeben werden dürfen. An Trumps Aussage ist wieder einmal alles falsch – und dennoch signalisiert sie einen Bruch.

Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach am Samstag mit seinem israelischen Amtskollegen – aber was er ihm an zusätzlicher Hilfe zusagen kann, ist ungewiss. Solange der US-Kongress ohne eine McCarthy-Nachfolge handlungsunfähig ist, hat die Regierung keine Handhabe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.