Antisemitismus nach dem Hamas-Terror: Worte allein reichen nicht

Die Regierung muss klarstellen: Wer den Terror unterstützt, feiert, verharmlost, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, die abschrecken.

Eine zerbrochene Fensterscheibe

Unbekannte haben das Jüdische Krankenhaus in Berlin-Wedding in der vergangenen Woche mit einem Stein beworfen Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Für einen Großteil der nichtjüdischen Gesellschaft in Deutschland gilt Judenhass als historisch überwunden. Für Jüdinnen und Juden aber ist er gegenwärtig. Spätestens seit dem 7. Oktober, seit dem abscheulichen Massaker der Hamas an israelischen Zivilist:innen, ist dies auf grausame Weise deutlich geworden.

Wer denkt, der Terror der Hamas ist weit weg, in Israel, und irgendwie doch legitimer Widerstand im Kontext des Nahostkonflikts, der irrt. Islamismus ist eine extremistische Ideologie, die nicht vor Ländergrenzen haltmacht. Tausende versammeln sich seit drei Wochen regelmäßig weltweit zu antiisraelischen Demonstrationen, auf denen sie ihren Antisemitismus kundtun. In Dagestan stürmte ein antisemitischer Mob den Flughafen von Machatschkala, um Jagd auf Juden zu machen. Jüdische Einrichtungen und Wohnhäuser werden angegriffen. Jüdinnen und Juden, auch in Deutschland, sind bedroht und verfolgt. Ein Zustand, den sie nicht mehr für möglich gehalten hätten.

Zwar hat die Bundesregierung mehrfach beteuert, an der Seite Israels zu stehen. Bundeskanzler Olaf Scholz sicherte Jüdinnen und Juden hierzulande zu, ihren Schutz zu garantieren. Das allein reicht aber nicht.

Empörungen, Verurteilungen – all das ist wichtig. Aber vor allem symbolisch. Antisemiten und Terrorunterstützer werden sich wegen solcher Bekundungen nicht davon abhalten lassen, ihren Hass weiter auf die Straßen zu tragen. Es ist an der Zeit, alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um fanatische Islamisten und Antisemiten daran zu hindern, ihre politischen Netzwerke weiter in Deutschland aufzubauen.

Scholz hatte in seiner Regierungserklärung versprochen, neben der Hamas die Gruppe Samidoun zu verbieten. Was ist seitdem passiert? Noch immer ruft die Gruppe in Deutschland zu Demonstrationen auf. Noch immer können bei Versammlungen Islamisten zusammenkommen, die schamlos Fahnen der Taliban und des Terrornetzwerks al-Qaida schwenken. Diese Menschen fühlen sich zu sicher in diesem Land. Nicht Juden sollten Angst haben müssen, sondern Islamisten.

Jüdinnen und Juden mit einbeziehen

Die Regierung muss klarstellen: Wer den Terror unterstützt, wer feiert, dass sich Terroristen am Morden, an Vergewaltigungen und an Folter berauschen, wer antisemitische Parolen skandiert, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, die abschrecken.

In die Überlegungen, wie jüdisches Leben fortan besser geschützt werden kann, müssen die Betroffenen miteinbezogen werden. Gemeinsam mit ihnen sollte die Politik Maßnahmen erarbeiten, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Denn eines ist klar: Islamisten bedrohen mit ihrem antimodernen, frauen- und queerfeindlichen Weltbild nicht nur Jüdinnen und Juden, sie bedrohen das Leben aller, die in Frieden und Freiheit leben wollen. Dieses Leben zu garantieren, das liegt in der Verantwortung der Bundesregierung.

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Redakteurin für Gesellschaft im Ressort taz zwei. Schreibt über postsowjetische Migration, jüdisches Leben und Antisemitismus sowie Osteuropa. Axel-Springer-Preis für jungen Journalismus 2021, Kategorie Silber. Freie Podcasterin und Moderatorin.

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