BVG-Urteil sorgt für Verwirrung

Der Richterspruch zur Unterhaltspflicht für Pflegebedürftige führt zu Irritationen im Revier. Angehörige meinen, nun gar nicht mehr für die Heimkosten ihrer Eltern aufkommen zu müssen

RUHR taz ■ Die Bereitschaft der Kinder, für die Pflege ihrer Eltern aufzukommen, scheint durch ein neues Urteil des Bundesverfassungsgerichts erschüttert. „Den ganzen Tag riefen bei unserem Sozialamt Menschen an, die glaubten, sei müssten jetzt überhaupt nicht mehr zahlen“, sagte gestern Oliver Schäfer, Sprecher der Stadt Gelsenkirchen, zur taz.

Die Karlsruher Richter hatten am Dienstag die Zahlungspflicht von Kindern für pflegebedürftige Eltern begrenzt. Sie gaben einer Frau aus Bochum Recht, die gegen die Pfändung ihres Hauses durch die Stadt geklagt hatte. Diese hatte die angeforderten 63.000 Euro für den Heimplatz ihrer inzwischen verstorbenen Mutter nicht zahlen können. Das Urteil bedeutet nicht nur einen Erfolg für die inzwischen 70-jährige Klägerin, sondern auch für zehn weitere BochumerInnen, deren Heim gestundet wurde.

Für das bisherige Vorgehen der Stadt Bochum hat Georg Schumacher, zuständig für die Unterhaltseinziehung bei der Stadt Oberhausen, kein Verständnis: In seiner Stadt würde mit ‚ganz spitzer Feder‘ ausgerechnet, wieviel der unterhaltspflichtigen Person für ihre Altersvorsorge bleibe. „Wir wollen vermeiden, dass diese Personen im Rentenalter selbst zum Sozialfall werden.“

Auch die anderen Kommunen im Ruhrgebiet haben sich nicht an die Eigenheime von Kindern herangetraut, die für ihre pflegebedürftigen Eltern aufkommen müssen. „Wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben“, sagt Detlef Feige, Sprecher der Stadt Essen. Von den 2.000 HeimbewohnerInnen in seiner Stadt seien zwar 90 Prozent vom Unterhalt ihrer Kinder abhängig. Das Sozialamt würde jedoch nur an die Einnahmen der Betroffenen herangehen: „Es sei denn, jemand besitzt einen ganzen Straßenzug, dieser Fall wäre dann einzeln zu prüfen“. NAW/RIM