Berufswahl Gen Z: Von Idealen kann man nichts kaufen

Für die Generation Z ist Geld laut einer Umfrage der wichtigste Faktor bei der Berufswahl. Das ist gut für jene, die keine reichen Eltern haben.

Fußball ohne Luft.

Leider wurde es doch nichts mit der großen Fußballerkarriere Foto: Fotostand/imago

Als ich endgültig begriffen hatte, dass das mit der großen Fußballerkarriere leider doch nichts wird – das war mit 11 oder 12 nach einem demütigenden Einsatz für die Schulauswahl, bei dem mich ein athletischer Gegenspieler mit langen Haaren, wie sie damals auch Beckham trug, mehr als einmal vernascht hatte –, da musste ich mir eine neue Antwort auf diese blöde Frage überlegen: „Und was willst du später mal werden?“

„Keine Ahnung“, lautete die trotzige Antwort in den Jahren, die so ein Trauerprozess halt braucht, wenn ein Mensch einen Verlust verarbeiten muss. Danach entschied ich mich pragmatisch, das zu studieren, was mich in der Schule am wenigsten abgefuckt hatte: Politikwissenschaft. Deshalb gibt es heute Tage, an denen ich Nachrichten lese und mich nichts mehr abfuckt als: Politik.

Mit dieser Studienwahl kamen bestimmte Bücher, mit den Büchern die Kritik und mit der Kritik kamen Ideale. Das Problem ist, dass man sich von Idealen nichts kaufen kann, was besonders blöd ist, wenn man nicht zufällig Eltern hat, die diesen Idealismus finanzieren.

Dafür können Ideale einen ziemlich fertig machen, wenn sie ständig von der Realität gedemütigt werden, eben wie ich damals von diesem deutschen Beckham, der mich sogar einmal tunnelte, bevor er alleine vor dem Tor stand und vollstreckte.

Die Welt retten kann man auch in der Freizeit

So habe ich zur Abwechslung erleichtert aufgeatmet, als ich mich Anfang der Woche wieder mal lethargisch bis masochistisch durch Katas­tro­phen­meldungen klickte und doch eine positive Nachricht entdeckte: Für junge Menschen aus der Generation Z ist die Bezahlung bei der Berufs- und Ausbildungswahl am wichtigsten.

81 Prozent der Befragten im Alter von 15 bis 25 Jahren haben das angegeben, laut einer Umfrage der Wirtschafts­junioren Deutschland (WJD), einem Verband junger Un­ter­neh­me­r:in­nen und Führungskräfte unter dem Dach der Industrie- und Handelskammer. An zweiter Stelle steht eine gute Work-Life-Balance, die 74 Prozent für sehr wichtig oder wichtig erachten. Die gesellschaftliche Sinnhaftigkeit des Berufs ist nur für rund die Hälfte der Befragten wichtig, ebenso ein positives Image des Berufs.

Diese Zahlen böten nun weiteren Stoff für den in themenarmen Zeiten gern ausgefochtenen Generationenkrieg, weshalb ich mich über diese Meldung zu früh gefreut hätte, würde die Welt nicht gerade untergehen und Zeitungsredaktionen so mit ausreichend Themen gefüttert werden.

Denn wenn ältere Menschen jüngeren Menschen wieder einmal vorwerfen, sie würden Arbeitsmoral missen lassen; und jüngere Menschen den älteren Menschen dann entgegnen, dass es armselig sei, sich alleine über seinen Beruf zu definieren, dann hat das etwa den gesellschaftlichen Mehrwert eines mittelgroßen Streits in einer Reality-TV-Datingshow. Die Beteiligten fragen meistens nicht nach Reichtümern, die über Generationen hinweg ungleich verteilt sind, sondern hängen sich an Geburtsjahren auf.

Auch die vorliegende Umfrage differenziert ihre Ergebnisse leider nicht nach sozialer Herkunft der Befragten. Dennoch darf man den jungen Menschen für ihr gesundes Verhältnis zur Lohnarbeit gratulieren. Die ist schließlich dafür da, um Miete und Rechnungen bezahlen zu können – gerade für Menschen, die keine Idealismusfinanzierung haben. Die Welt retten oder sich tunneln lassen kann man ja auch in der Freizeit.

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Kolumnist (Postprolet) und Redakteur im Ressort taz2: Gesellschaft & Medien. Bei der taz seit 2016. Schreibt über Soziales, Randständiges und Abgründiges.

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