Erste Co-Trainerin der Bundesliga: Pionierin auf Zeit

Union Berlin ist der erste Bundesligist, bei dem eine Frau die männlichen Profis trainiert. Ihre Zielstrebigkeit hat Marie-Louise Eta dabei geholfen.

Marie-Louise Eta vor der Hauptribüne im Trainingsanzug von Union Berlin

Engagiert für Unions Jugend: Interims-Co-Trainierin Marie-Louise Eta Foto: Matthias Koch/imago

Im Coronafrühjahr 2020 erreichte Marie-Louise Eta schon einmal eine große mediale Reichweite. Sportvereine verlegten reihenweise ihr Angebot ins Internet und auf Werder Bremens Youtube-Kanal zeigte die damalige U14-Trainerin gemeinsam mit dem Profikicker Claudio Pizarro Kindern und Erwachsenen wie Fußball im Wohnzimmer geht. Mit ihrem jüngsten Coup schreibt die 32-Jährige nun sogar Geschichte: Seit Mittwoch ist sie die erste Co-Trainerin der Fußball-Bundesliga. Möglich wurde dies durch die Trennung Union Berlins von Cheftrainer Urs Fischer nach dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz. Der zum Interimscoach beförderte U19-Trainer Marco Grote nimmt seine Co-Trainerin Eta nun zu den Profis mit.

Sie könne sich vorstellen, dass in naher Zukunft eine Frau bei einem Profiverein die Aufgabe als Co-Trainerin oder Analystin bekomme, sagte Eta vor ein paar Monaten in einem Pod­cast des Kickers. Dass sie nun selbst diese Frau ist, kommt für Insider nicht überraschend. Sie arbeitet seit Jahren zielstrebig darauf hin.

Dafür beendete die gebürtige Dresdnerin ihre Spielerinnen-Karriere, in der sie dreimal mit Turbine Potsdam Meisterin und 2010 Champions-League-Siegerin wurde, bereits mit 26 Jahren. Bei Werder Bremen, wohin sie nach Stationen beim HSV und der BV Cloppenburg 2014 landete, trainierte sie nebenbei bereits die U15-Mädchen.

„2018 war ich dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe die U13-Jungs von Werder übernehmen können, ein Jahr später die U14“, sagt sie. Ihr Kollege in Werders Nachwuchszentrum war damals Marco Grote, mit dem die U17 von Werder 2017 deutscher Vizemeister wurde. Parallel zum Job bei den Werder-Jugendlichen arbeitete sie für verschiedene weibliche Nachwuchsteams beim DFB, wohin sie 2022 als Co-Trainerin der U17-Juniorinnen ganz wechselte – bevor Marco Grote sie zu Union Berlin holte.

Lernen und Kommunizieren

„Loui lebt Fußball und hat nicht nur eine sehr große Fachkompetenz, sondern auch, und das hat mich früher schon beeindruckt, eine hohe Selbstsicherheit und Klarheit in ihrem Handeln und ihrer jeweiligen Rolle“, sagt Birte Brüggemann, die als Leiterin der Werder-Frauenabteilung Etas Trainerinnenkarriere früh gefördert hat, der taz. „Sie ist sehr offen für Feedback und will sich stets weiterentwickeln.“

Dieser Lernwille, gepaart mit Kommunikationsfähigkeit und großer Leidenschaft für diesen Job, kennzeichnet die Arbeitsweise von Eta. „Man kann überall etwas mitnehmen“, lautet einer ihrer Sätze. Ob sie nach dem nächsten Union-Heimspiel gegen den FC Augsburg auch die Erfahrung mitnehmen kann, als erste Frau ein Bundesligaspiel als Co-Trainerin von der Bank zu begleiten, ist derzeit noch offen. Der Klub will sich jedenfalls bei der Suche eines neuen Chef-Trainers, der dann üblicherweise auch seinen eigenen Co-Trainer mitbringt, Zeit lassen.

Bei der Wahl der Übergangslösung findet es Birte Brüggemann jedenfalls großartig, „dass Union Berlin nach Fachkompetenz entschieden hat und bei Loui nicht das Geschlecht zum womöglich fraglichen Thema gemacht hat. Eine Cheftrainerin gibt es nach zwei kurzen Regionalliga-Episoden von Inka Grings und Imke Wübbenhorst in den ersten fünf höchsten Männerligen nicht. Eta könnte auch das bald ändern. „Klar ist es ein Ziel von mir, so hoch wie möglich im Trainerbereich zu kommen“, sagte sie einmal bei Radio Bremen. Seit ein paar Monaten besitzt sie die dafür nötige Pro-Lizenz.

Als einzige Frau hatte sie die Aufnahme in den Lehrgang geschafft. „Es war ein langer Wunsch, ein Traum“, sagt sie. „Es gibt doch nichts Schöneres, als sich 24 Stunden nur mit Fußball zu beschäftigen.“ Ihre Praktika machte Eta unter anderem bei Union Berlin, RB Leipzig und Werder Bremen. Während der Frauen-EM in England besuchte sie den FC Liverpool. „Saßen wir da gerade mit Jürgen Klopp am Tisch?“, fragte sie sich damals noch ungläubig. Heute trainiert sie einen Champions League-Teilnehmer. Klopps Liverpool spielt nur Europa League.

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