Der verurteilte Präsident

JUSTIZ Internationales Gericht spricht erstmals Expräsidenten wegen Kriegsverbrechen schuldig. Drahtzieher der Gräuel in Sierra Leone sei Charles Taylor aus Liberia aber nicht

BERLIN afp/taz | Das internationale Sondertribunal für Sierra Leone hat den ehemaligen Präsidenten von Liberia, Charles Taylor, der Beihilfe zu Kriegsverbrechen schuldig gesprochen.

Taylor, von 1997 bis 2003 Präsident Liberias, habe der Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) im benachbarten Sierra Leone Unterschlupf und Unterstützung gewährt und sich dafür mit Diamanten bezahlen lassen, so die Richter gestern in Leidschendamm in den Niederlanden. Taylor sei aber – anders als von der Anklage behauptet – nicht Mitglied der RUF-Kommandostruktur gewesen und habe auch keinen „gemeinsamen Plan“ mit der RUF-Führung erarbeitet. Es ist dennoch das erste Mal, dass ein früherer Staatschef der Mitverantwortung für Kriegsverbrechen während seiner Amtszeit schuldig gesprochen wird. Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay nannte das Urteil eine „Warnung“ an andere.

In Sierra Leone äußerten Opfer des Bürgerkriegs, der in den Jahren 1991 bis 2002 mindestens 50.000 Tote forderte, Genugtuung.

Anklage und Verteidigung kündigten am Donnerstag an, das Urteil auf mögliche Gründe für eine Berufung zu prüfen. D. J.

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