Wohnungsbau und Umweltschutz: Flächenfraß auf der grünen Wiese

Die Ampel will, dass Gemeinden ohne viel Rücksicht auf die Natur Bauland schaffen können. Das schafft Wohnungen, wo niemand sie braucht.

Neubauten am Stadtrand von Frankfurt am Main

Neuer Wohnraum entsteht nicht unbedingt da, wo er am dringendsten gebraucht wird Foto: AP Photo/Michael Probst

BERLIN taz | Äcker und Wiesen länger schnell und unkompliziert in Bauland umwandeln zu können – darum soll es am Montag im Ausschuss für Stadtentwicklung im Bundestag auf einer öffentlichen Anhörung gehen.

Konkret befassen sich die Abgeordneten mit dem Paragrafen 13b des Baugesetzbuchs. Den hatte die Vorgängerregierung eingeführt, um schneller Wohnraum auf der grünen Wiese bauen zu können; im Sommer war er vom Bundesverwaltungsgericht für unwirksam erklärt worden.

Nun möchte die Bundesregierung dafür sorgen, dass Gemeinden trotzdem zwei weitere Jahre lang Baugebiete nach diesem Paragrafen ausweisen dürfen, wenn sie bis Ende letzten Jahres damit begonnen haben. Sie möchte ermöglichen, „begonnene Planverfahren geordnet zu Ende zu führen“, heißt es in der Beschlussvorlage, über die während der Anhörung beraten wird.

Was vernünftig klingt, leistet einem der großen Ressourcenprobleme hierzulande Vorschub: dem Flächenfraß. Der Paragraf 13b ermöglicht es nämlich, mit deutlich weniger Verwaltungsaufwand und Ausgleichsmaßnahmen Baugebiete auf Gebieten außerhalb von Ortschaften zu genehmigen – also auf den landwirtschaftlichen Flächen, die dringend benötigt und daher unbebaut bleiben sollten.

„Die Bundesregierung sorgt dafür, dass Wohnraum entsteht, wo gar keiner gebraucht wird“, sagt Stefan Petzold, der für den Naturschutzbund Nabu als Experte für die Grünen an der Anhörung teilnehmen wird. Gebaut würden flächenintensive Einfamilienhäuser auf dem Land statt Mehrfamilienhäuser in Ballungsgebieten, die in vielfacher Hinsicht sinnvoller wären, so Petzold.

Verfahren nicht konform mit EU-Recht

Es gehe nicht darum, Familien Grundstücke wegzunehmen, die sich zum Häuslebau entschieden hätten, sagt Petzold, „so weit sind die Verfahren noch nicht“. Allerdings hätten viele Gemeinden bis Ende vergangenen Jahres trotz Rechtsunsicherheiten noch Baugebiete nach dem beschleunigten Verfahren begonnen, welches sich inzwischen als nicht europarechtskonform herausgestellt hätte. „Es ist nicht richtig, dass sie diese Verfahren jetzt noch zu Ende bringen können“, so Petzold, „das macht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ja deutlich.“

Die Bundesregierung will den Flächenverbrauch bis 2030 auf weniger als 30 Hektar pro Tag senken; er geht zwar seit Jahren zurück, liegt aber laut Statistischem Bundesamt noch immer bei 55 Hektar 2022 – und ist in diesem Jahr wieder etwas gestiegen. Um landwirtschaftliche Flächen intakt zu lassen, sollen Kommunen eigentlich bevorzugt Brachflächen nutzen, Freiflächen und Baulücken innerhalb ihrer Siedlungsräume schließen sowie leer stehende Gebäude in Innenstädten und Dorfkernen nutzen, schreibt das Umweltbundesamt. Trotzdem planen viele Gemeinden noch immer mit Einfamilienhaussiedlungen auf der grünen Wiese – „das ist weder umwelt- noch verkehrs- oder energiepolitisch nachhaltig“, so Petzold.

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