Ende der Kreuzberger Uferpromenade: Nicht ganz falsch – aber ein Fehler

Die Zweifel an der geplanten Promenade am Halleschen Ufer sind nicht alle abwegig. Trotzdem hätte Manja Schreiner das Projekt nicht kippen sollen.

Der Traum ist aus (vorerst): So könnte es am Halleschen Ufer auch aussehen Foto: Leon Giseke/bgmr/yellowZ

Lassen Sie uns mal den advocatus diaboli spielen. Hätte die „blau-grüne Promenade“, die der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg am Halleschen Ufer anlegen wollte – was die CDU-geführte Senatsverwaltung jetzt wohl verhindert hat – aus diesem vernachlässigten Streifen Stadt ein Stück Paris gemacht? Oder wenigstens eine liebenswerte und viel genutzte Oase, einen Ort zum Bummeln, mit Wind im Gesicht und Wasserplätschern im Ohr?

Vielleicht ja, vielleicht auch eher nicht. Dass der Landwehrkanal nicht die Seine ist, dürfte hoffentlich den allermeisten klar sein. Im Sommer tendiert das aufgestaute Wasser auch noch zum Müffeln, besonders nach den gefürchteten Kanalisations-Überläufen.

Was sich viele angesichts der paradiesisch anmutenden grafischen Darstellungen des Projekts wohl tatsächlich nicht ausgemalt haben: Die geplante Konzentrierung des Autoverkehrs auf dem (südlichen) Tempelhofer Ufer würde bedeuten, dass der Blick von der „Promenade“ aus auf eine konstant zugestaute Straße fiele. Laut wäre es auch, trotz 20 Meter Wasser dazwischen – und dann rumpelt einem auch noch die U-Bahn über dem Kopf herum.

Okay, Letzteres mag noch angehen, schließlich gehört das Quietschen auch im benachbarten Gleisdreieck dazu und wird als urbane Soundkulisse gelesen. Aber selbst wenn eine Umwandlung zum attraktiven Uferpark funktionieren sollte, sind die von der Senatsverwaltung angeführten verkehrlichen Probleme keine reinen Hirngespinste.

Der Verkehr ist nun mal da

Die beiden Ufer bilden eben eine Hauptverkehrsader in Ost-West-Richtung – als Bundesstraße, was es rechtlich verkompliziert –, und sorgen schon heute mehr schlecht als recht für einen Personen- und Warenfluss, der sich nur allmählich reduzieren lässt. Beide Verkehrsrichtungen kurzfristig auf eine Seite zu quetschen, ist durchaus gewagt. Letztlich wären auch die Busse der BVG betroffen.

Und trotzdem ist die Absage der Verkehrsverwaltung an das Projekt ein Fehler. So wurde mit einem Federstrich – einem dreiseitigen Behördenschreiben, um genau zu sein – eine Idee vom Tisch gewischt, die der Bezirk entwickelt und politisch beschlossen hat. Das ist kein guter Stil. Und dass nun fast 3 Millionen Bundes-Euro verfallen, macht es nicht besser. Zumal das Bundesbauministerium, aus dessen Töpfen das Geld kommen sollte, sagt, es habe sich Gedanken über die Umsetzbarkeit gemacht und betrachte sie als gegeben.

Vor allem hätte genau dieser erste, vom Bund geförderte Abschnitt einige Fragen beantworten können: Erstens, wie autonom kann das Land verkehrsplanerisch agieren? Die nicht zu Unrecht erwarteten politischen und juristischen Probleme hätte man ausfechten können. Dies umso mehr, als sich die Waage mit den jüngsten Reformen von Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung dann eben doch langsam zu Ungunsten des Autos neigt.

Zweitens hätte sich an diesem immerhin nur 600 Meter langen Teilstück in der Praxis gezeigt, ob ein solches Experiment funktioniert und sich ausweiten lässt, oder ob das doch eher Wunschdenken ist. Dass das Tempelhofer Feld von den BerlinerInnen so gut angenommen wurde, war ja auch nicht unbedingt absehbar – aber es ist eine Tatsache, die für sich spricht.

Diese Chancen scheinen nun vergeben zu sein, jedenfalls vorläufig. Immerhin ist die schwarz-rote Quasi-Legislaturperiode erfreulich kurz. Wirklich überrascht haben sollte der Brief aus dem Haus von Verkehrssenatorin Manja Schreiner übrigens niemanden. Dazu reiht er sich zu nahtlos in Schreiners „Nicht ohne mein Auto“-Politik ein.

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Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

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