wortwechsel
: Nahost und andere schwierige Fragen

Die komplexe politische Gemengelage im Nahostkonflikt beschäftigt auch die LeserInnen der taz. Und es herrscht Unverständnis über Verständnisfragen und Alters-Neiddebatten.

Klare Worte in der Schanze: Autonomes Kulturzentrum Rote Flora, Hamburg. Foto: Marcus Brandt/dpa

Innehalten

„Einfach weitermachen ist unmöglich“,

wochentaz vom 4.- 10. 11. 23

Was kann zigfaches Zurückschlagen in Gewalt und Hass – Brandherd Naher Osten lösen und verbessern? Sind die über 70 Jahre Schlag-auf-Doppelschlaggewalt-Spirale im Nahen Osten – mit dem Hamas- Massaker an der Spitze und dagegen nun der israelische Hochrüstungskrieg zur Hamasvernichtung nicht ein unverantwortliches Weiterdrehen der Gewaltspirale „Auge um Auge, Zahn um Zahn … Hand um Hand … Beule um Beule …. Strieme um Strieme (2. Buch Mose Kp. 21) und wider jede Vernunft? Muss nicht die vielfache Gewaltsteigerung mit Israels High-Tech-Übermacht, die gerade zigtausende Unschuldige tötet, in den Folgemonaten nun die „Hamasgeburt“ einer neuen Nahostmassengestützten IS-Mörderstreitmacht beschleunigen und am Ende eine atomare Völkerausrottungsschlacht im ganzen vorderen Orient entfesseln?

Michael Ranneberg, Berlin

Linke Theorie

„Der Antisemitismus der Progressiven“,

taz vom 4. – 10. 11. 23

Mann/Frau muss schon auf der Höhe aktuell linker Theoriedebatten sein, um Ulrich Gutmairs Erörterungen verstehen und goutieren zu können. Ich bin das nicht ganz, habe seine Ausführungen aus historischen Zitaten, nachvollziehbaren Entkräftungen falscher Behauptungen, intellektueller Rhetorik wie „Das die Deutschen einen Judenknax haben, ist gegen jede Evidenz ein Artikel im postkolonial inspirierten Evangelium“ trotzdem genossen. Gutmair stellt sich klar im gegenwärtigen Konflikt im nahen Osten auf die israelische Seite und entlarvt regelrecht die Anhänger der postkolonialen Theorie als Manichäer, deren tendenziell antisemitisches Weltbild kollabiert, weil sie viele Dinge der Geschichte Israels gar nicht wissen wollen. Selbst jemand, der auf der palästinensischen Seite steht, wird sich der überzeugenden Argumentationsketten dieses profunden Artikels nicht entziehen können.

Albert Reinhardt, Stralsund

Kolonialisierung

„Linke ohne Leitplanken“,

wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23

Je öfter ich darüber nachdenke, desto mehr verwirrt mich die Aussage von Aisha Jamal, in der sie von „100 Jahren Kolonialisierung in Palästina“ spricht. Wie kommt sie gerade auf diese Zahl?

Die Kolonialisierung Palästinas geht mehr als 2.000 Jahre zurück. Nach den gescheiterten jüdischen Intifadas von 66 n.Chr. und 135 n.Chr. wurde die römische Provinz Judäa (von den Einheimischen Israel genannt) in Syria-Palaestina umbenannt. Später wurde Palästina dann Teil des osmanischen Kolonialreiches, bevor es nach dem Ersten Weltkrieg unter britische Kolonialverwaltung kam.

Tatsächlich hätte die zionistische Bewegung in ihren Anfängen durchaus Teil der Dekolonialisierung Palästinas werden können. Dies scheiterte letztlich an Extremisten sowohl auf jüdischer als auch islamischer Seite.

Michael Ecker, Regensburg

Lösungsfindung

„Es gibt genügend Platz für alle“,

wochentaz vom 4. – 10. 11. 23

Wäre Mustafa Barghuti, palästinensischer Politiker, Arzt und Bürgerrechtler, der auch in der Oxford Research Group (ORG) organisiert ist, ein würdiger, besserer Ersatz für Mahmud Abbas?

Gibt es noch andere politische Größen, die bereit wären, den Konflikt Palästina/Israel in eine „normale“ Beziehung zu verändern? Was macht Hanan Aschrawi? Könntet ihr bitte einen Artikel bringen, in dem Po­li­ti­ke­rIn­nen genannt werden, die an einer Lösung mitarbeiten könnten.

Klaus Zerkowski, Rothenburg/Tauber

Demonstrationsrecht?

„Der Hass der Instagram-Islamisten“,

wochentaz vom 11. – 17. 11. 23

Von der islamistischen Demonstration in Essen hatte man schon anderweitig erfahren. Dabei hat der Ruf nach einem Kalifat viele erschreckt. Und zum Erschrecken ist das auch. Denn dieser Ruf ist die unverhüllte Aufforderung zum Umsturz der bestehenden staatlichen Ordnung. Das ist, wie die schöne Formel heißt, die Aufforderung zu einer schweren staatsgefährdenden Tat. Da muss der Staat einschreiten. Da genügt es nicht, dass sich einzelne Politiker mehr oder weniger erschreckt äußern, da genügt es keineswegs, dass ein einziges Ermittlungsverfahren eröffnet wird. Da muss mehr geschehen. Denn mit Demonstrationsrecht hat das nichts mehr zu tun. Manfred Briegel, Bonn

Neiddebatte

„Darf man sich freuen, alt zu werden?“,

wochentaz vom 11. – 17. 11. 23

Wie muss man denn aussehen, um so alt auszusehen, wie man ist? Sogenannte Alterskrankheiten und nachlassende Fähigkeiten – kann das nicht auch geschehen, lange bevor man „alt“ ist? Wird Ihnen, lieber Herr Unfried, irgendjemand ihr gefühltes Alter glauben, wenn er erfährt, wann Sie das Licht der Welt erblickt haben? Mir scheint das Ganze vor allem eine Neiddebatte – nie zuvor habe ich mich so frei gefühlt wie in diesen 15 Jahren, seit mich niemand mehr anweisen kann, wie ich mich zu verhalten habe, wie ich zu arbeiten habe, wann ich Urlaub oder Pausen machen kann. Elke Schilling, Berlin

Migration

„Vergiftete Sprache“,

wochentaz vom 11. – 17. 11. 23

Immer wieder konnte ich mich in letzter Zeit bei der taz bedanken, weil sie mir so aus dem Herzen gesprochen hat. Heute geht mein Dank an Sie, liebe Waltraud Schwab! Der ‚vergiftende Virus‘ mit dem Reden/Schreiben von der ‚irregulären Migration‘, der sich so rasant verbreitet bei den – Entschuldigung – saublöden PolitikerInnen. Jegliche Empathie mit Menschen, die flüchten müssen, um ihr Leben zu erhalten oder um wenigstens ein Stückchen lebenswertes Leben zu finden, fehlt ihnen – und das in diesen Parteien, die sich ‚christlich‘ oder ‚sozial‘ nennen, die stattdessen meinen, dass die Menschen die lange, teure, gefährliche Flucht auf sich nehmen, weil Deutschland angeblich so ‚attraktiv‘ ist. Und: Diese PolitikerInnen haben keine Ahnung von Migrationsforschung; dass all diese Mittel, auf die sie so stolz sind, keinerlei Auswirkungen auf Migration haben werden, sondern nur Elend, Tod, Armut verstärken werden.

Andrea Bauer, Darmstadt

Automobil

Fetisch, der Gerechtigkeit sticht“,

wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23

Vielen Dank für diesen Artikel, der meiner Einstellung zum Straßenverkehr sehr entsprochen hat. Als Folge habe ich die Petition sofort unterstützt und hoffe, dass noch viele Menschen folgen werden.

Wilfried Roder-Humpert, Schwerte