Trainerinnen im Männerfußball: Man bleibt weiter Mann

Die Männer von Union Berlin werden bis auf Weiteres von einer Frau trainiert. Ist das vielleicht der Beginn einer neuen Ära?

Trainerin Eta mit einem Ball in der Hand vor einer Bande mit der Aufschrift 1. FC Union sitzend

Marie-Louise Eta, vorläufig Co-Trainerin von Union Berlin in der Männer-Bundesliga Foto: Sabine Gudath/imago

Fußballdeutschland ist elektrisiert. Allein schon die Vorstellung, dass am 25. November eine Frau in zuarbeitender Rolle für einen Cheftrainer an der Seitenlinie eines Männerbundesligaspiels stehen könnte, weckt bei vielen das Gefühl, Zeitzeuge einer ganz besonderen Revolution werden zu können.

Sofern der 1. FC Union Berlin bis zur nächsten Partie keinen Ersatz für den eigentlich unersetzlichen Urs Fischer gefunden hat, wird interimsweise U19-Trainer Marco Grote mit seiner Assistenztrainerin Marie-Louise Eta das Team auf den FC Augsburg einstellen.

Eine Frau in dieser Position hat es in der Männerbundesliga noch nie gegeben. Die Aufregung darum, so könnte man sagen, ist normal. Schließlich ist das bei vielen Dingen so, die zum ersten Mal passieren.

In diesem Fall speist sich die Aufregung aber vor allem aus der riesigen Diskrepanz zwischen dem, was man bei Union Berlin eventuell ausprobieren möchte, und der Realität. Der Versuch von Union-Präsident Dirk Zingler, der Entscheidung den Anstrich völliger Normalität zu geben, war zwar ehrenrührig, aber absurd. Man habe lediglich nach Kompetenz entschieden, erklärte er. Als ob dieses Kriterium bei Männerteams bislang irgendeine Rolle gespielt hätte, wenn es um Trainerinnen ging. Frauen kamen nicht infrage, weil sie Frauen waren.

Der Fußball ist ohnehin eine schier uneinnehmbare Festung des verbliebenen Patriarchats. Die Position des Trainers spielt dabei eine herausgehobene Rolle. Ein Mann, der 20 Frauen sagt, wie viel und wohin sie zu rennen haben, ist eine alltägliche Selbstverständlichkeit im Frauenfußball. Von den zwölf Erstligisten werden elf von Männern trainiert.

Eine Frau hingegen, die mit 20 Männern wegen deren vielleicht defizitärer körperlichen Leistung ins Gericht geht, wird im Profibereich vermutlich noch länger ein Tabu bleiben. Entsprechend sind die Strukturen im deutschen Fußball angelegt.

Teilnehmer*innen, aber keine Frau

Schon im Jugendbereich sind Frauen an der Seitenlinie wenig gefragt. Bei der höchsten Trainerlizenz, die der DFB zu vergeben hat, wurden in den Lehrgängen der letzten Jahre lediglich ein, zwei Quotenfrauen aufgenommen. Aktuell listet der DFB auf seiner Homepage ganz genderbewusst „16 Teilnehmer*innen“ auf, die momentan ausgebildet werden. Eine Frau ist allerdings nicht darunter. Das ist in den Strukturen angelegt.

Die Anreize sind freilich gering, wenn die Türen im Männerbereich nahezu vernagelt sind und im Frauenbereich zuletzt zu beobachten war, dass Trainer aus dem Männer- in den Frauenbereich wechseln, weil sich dort ein neuer Markt zu öffnen scheint, der auch ein gewisses Einkommen und Aufmerksamkeit verspricht.

Umgekehrt ist der Weg viel beschwerlicher. Man muss bis in die Regionalliga hinuntergehen, um auf zwei kurze Episoden zu stoßen. Inka Grings und Imke Wübbenhorst trainierten jeweils einen Männer-Regionalligisten, die ein paar Monate im medialen Ausnahmezustand lebten.

Mit der Beförderung von Marie-Louise Eta hat auch der 1. FC Union Berlin Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Mehr Aufmerksamkeit bräuchte es für die strukturellen Probleme, die es Trainerinnen derzeit gar erschweren, im Frauenbereich unterzukommen. Leichter hatte es da selbst der 72-jährige Horst Hrubesch. Vor seiner Ernennung zum Bundestrainer gab es keine Kandidatinnen, die im Gespräch waren.

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Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.

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