'Ndrangheta-Prozess in Kalabrien: Mafia-Bekämpfung all'italiana

In Süditalien endet ein historischer Prozess gegen die Mafia und deren Helfer in Politik und Polizei. Wann geht auch Deutschland gegen die Mafia vor?

Mehrere Personen in einem Gerichtssaal.

Beamte und Anwälte bei der Urteilsverkündung beim Mafia-Prozess in Lamezia Terme am 20. November Foto: Valeria Ferraro/ap/dpa

Es ist ein historischer Prozess, der in Kalabrien zu Ende gegangen ist: das Verfahren „Rinascita Scott“ gegen 479 Beschuldigte. Teils wurden lange Haftstrafen gegen Mitglieder der kalabrischen Mafia und deren Kollaborateure verhängt.

Der Prozess hat Signalwirkung. Nicht nur wegen der Gerichtssäle, die extra umgebaut wurden, um für die enorme Zahl an Beteiligten Platz zu schaffen. Sondern auch und vor allem, weil er sich nicht nur auf die direkten Angehörigen der Mafia-Organisation ’Ndrangheta konzentriert und auch Personen aus Politik, Verwaltung und White-Collar-Bereichen auf die Anklagebank zitiert wurden. Sie sind die Gesichter der Grauzone, aus der sich Mafia-Organisationen für ihre schmutzigen Geschäfte bedienen und deren Mangel an Integrität dem organisierten Verbrechen Luft zum Atmen und Raum zum Wachsen gibt.

Wie zu erwarten war, gab es auch einige Freisprüche, vor allem gegen beschuldigte Kommunalpolitiker. Doch im Kern bestätigen die Urteile die Anklage. Die Bosse der Clans aus Vibo Valentia müssen bis zu 30 Jahre in Haft. Der aufsehenerregende Fall des Politikers Giancarlo Pittelli von der Berlusconi-Partei Forza Italia endete mit elf Jahren Haft. Auch gegen Ermittlungsbeamte, die mit der Mafia kooperierten, verhängte das Gericht Haftstrafen.

Solche Schuldsprüche sind in Deutschland unbekannt. Dabei betont Nicola Gratteri, der hier die Anklage führte und die ’Ndrangheta wie kaum ein Zweiter kennt, immer wieder, wie wichtig die Bundesrepublik für die ’Ndrangheta ist.

2018 sprach er von mehr als 3.000 Angehörigen verschiedener ’Nndrangheta-Clans in Deutschland. Das BKA nennt auf eine Anfrage von „Mafianeindanke“ eine neue Rekordzahl für 2022: 1.003 Mafiosi leben demzufolge im Land. Das entspricht einer Verdopplung in nicht einmal zehn Jahren.

In Kalabrien wurde die Urteilsverkündung des historischen Mafia-Prozesses live gestreamt. Dort wird die schmutzige Wäsche nicht im Privaten gewaschen, es wird aufgeräumt. Und in Deutschland?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

sind beide vom Verein „Mafianeindanke“ engagieren sich gegen die organisierte Kriminalität der Mafia in Deutschland und in Europa.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.