Gewalt unter Eritreern in Deutschland: Spenden für Eritreas Diktator?

Der Ausrichter eines Benefizturniers in Stuttgart soll dem Regime nahestehen. Erwartete Krawalle gegen die Veranstaltung aber blieben aus.

Einsatzkräfte der Polizei stehen vor einem Veranstaltungsgelände in Stuttgart

Sollten Auseinandersetzungen verhindern: Polizeibeamte vor dem Veranstaltungsgelände in Stuttgart Foto: Jason Tschepljakow/dpa

BERLIN taz | Rund um ein Hallenfußballturnier eritreischer Vereine im Stuttgarter Ortsteil Zuffenhausen am Samstag sind die von der Polizei befürchteten Krawalle ausgeblieben. Es waren weniger als die von den Behörden prognostizierten 300 Besucher gekommen. Auch die Gegenveranstaltung wurde kurzfristig wieder abgesagt.

Der Eritreische Verein für Körperbehinderte in Stuttgart e. V. hatte ein Benefiz-Fußballturnier ausgerichtet. Dieser Verein unterstützt nach eigenen Angaben Menschen mit Behinderung in Eritrea durch Spenden – und er steht dem eritreischen Regime von Diktator Isayas Afewirki nahe.

Offiziell ist der Verein eine deutsche NGO. Kritikern zufolge handelt es sich aber um den Stuttgarter Ableger einer eritreischen Massenorganisation. Der Verein selbst war für eine Stellungnahme für die taz nicht erreichbar. Gegenüber dem SWR hatte ein Vertreter Verbindungen zur eritreischen Regierung allerdings dementiert und gesagt: „Wir sind wirklich politisch unabhängig.“

Die Stuttgarterin Aster Ghidey hatte ursprünglich eine Gegenveranstaltung angemeldet, weil sie nicht an den humanitären Zweck der Veranstaltung glaubte. „Seit 2001 werden regelmäßig Gelder für Versehrte in Eritrea gesammelt. Doch nach allem, was wir aus Eritrea hören, kommen diese Gelder nicht bei Menschen mit Behinderung an“, so Ghidey. „Das Geld fließt nach meiner Überzeugung an die eritreische Militärdiktatur.“

Auflagen und Betretungsverbot

Wegen der polizeilichen Auflagen hatte Ghidey letztlich aber die Anmeldung zur Gegenveranstaltung zurückgezogen. „Wir durften nicht in Sicht- und Hörweite der Veranstaltung demonstrieren. Stattdessen hat die Polizei uns eine Seitenstraße in der Innenstadt zugewiesen, wo man uns nicht wahrgenommen hätte“, sagt sie der taz. Sie und weitere regimekritische EritreerInnen hätten von der Polizei zudem für Samstag ein Betretungsverbot für große Teile Stuttgarts erhalten.

Hintergrund dafür sind Gewaltexzesse bei Gegenprotesten gegen ein Seminar von eritreischen Regimeanhängern im September in Stuttgart. Ghidey selbst, eine ältere Dame, die damals in den Polizeikessel geriet und von der Polizei unter Gewaltverdacht fiel, lehnt Gewalt vehement ab. „Es ist bedauerlich, dass die Medien nur über die Gewalt berichten und nicht über das Problem, dass Vereine, die das eritreische Regime unterstützen, in Deutschland Spenden sammeln und eritreische Jugendliche indoktrinieren dürfen sowie Regimegegner bedrohen“, sagt Ghidey.

Eritreas Präsident Isayas Afewirki sei einer der „größten Menschenrechtsverletzer weltweit“. Für junge Geflüchtete aus Eritrea stellten solche Veranstaltungen eine Retraumatisierung dar, sagt Ghidey. „Sie haben die härtesten Militärschulen der Welt durchlitten, haben auf der Flucht in Libyen und im Mittelmeer mehrfach ihr Leben riskiert. Sie wissen, dass das Regime, das ihnen das angetan hat, längst am Ende wäre, wenn es nicht durch Steuern und Benefizveranstaltungen seiner im Ausland lebenden Anhänger finanziert würde.“

Laut eritreischem Recht müssen im Ausland lebende Eritreer 2 Prozent ihres Einkommens seit ihrer Flucht aus dem Land an das Regime abführen. Hinzu kommen Spendengelder von Regimeanhängern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.