TOM STROHSCHNEIDER ZUR PERSONALDEBATTE BEI DER LINKSPARTEI
: Zeigt her eure Kandidaten

Die Linkspartei sitzt im Umfragekeller und spielt politisch nur noch eine Nebenrolle. Im Juni wird eine neue Führung gewählt, doch eine öffentliche Personaldebatte, mahnen Linken-Politiker seit Wochen, soll es nicht geben. Wer dagegen verstieß, musste sich sogar „Schwatzhaftigkeit“ vorwerfen lassen.

Nun haben Vizechefin Katja Kipping und Schatzmeister Raju Sharma ihre erneute Kandidatur erklärt. So wie inzwischen eine ganze Reihe der 44 Mitglieder des Vorstandes. Die Linkspartei sollte froh darüber sein. Denn heckt sie ihre Führung abermals in „gewissen Kreisen“ hinter den Kulissen aus, schadet ihr das mehr als jedes mediale Bewerberrennen.

Das hat nicht nur mit der lebendigen Erinnerung an jene Nacht zu tun, in der 2010 die glücklose Parteispitze aus Gesine Lötzsch und Klaus Ernst bestimmt wurde. Mehr noch muss die Linke den allgemeinen Verdruss über eine politische Kultur fürchten, die aus einer Zeit stammt, in der Transparenz und Beteiligung noch nicht so gefragt waren wie heute. Außerdem repräsentieren Köpfe Inhalte – je mehr, desto besser: sie schaffen Verbindungen zwischen Parteien und ihren vielfältigen Anhängerschaften.

Also Linke: Zeigt her eure Kandidaten! Besser lässt sich eine „breite Aufstellung“ nicht demonstrieren. Mit kommunalpolitisch erfolgreichen Realos, über die Partei hinaus respektierten Parteilinken, in Gewerkschaften anerkannten Abgeordneten und Bewerbern wie Kipping, die im libertär-feministischen Spektrum angesehen ist, könnt ihr beweisen, dass es bei der Besetzung eurer Parteispitze um mehr geht als um Machtkämpfe von politischen Silberrücken. Das könnte eine späte Chance sein, vor den Landtagswahlen doch noch aus dem Umfragekeller herauszufinden.

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