Freilassung von Hamas-Geiseln: Warten aufs Ende der Bombardements

Die Feuerpause für Gaza und die Freilassung der Geiseln verzögern sich. Gleichzeitig feuert die Hisbollah weiter Raketen auf Israel.

Mann in Trümmerlandschaft.

Erst am Freitagmorgen sollen nun die Waffen schweigen: Szene aus Rafah (Gaza) am ­Mittwoch Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

BERLIN taz | Trotz der vereinbarten Feuerpause im Gazastreifen, die nun erst am Freitag um sechs Uhr morgens im Gegenzug zur Freilassung von Geiseln beginnen sollte, ist die Gewalt in Nahost am Donnerstag weitergegangen. Ein Schwerpunkt: Israels Nordgrenze. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah griff Israel mit rund 50 Raketen an. Ziel sei unter anderem ein Militärstützpunkt gewesen.

Am Vortag hatte das israelische Militär Ziele der Miliz im Südlibanon beschossen, wobei fünf Hisbollah-Mitglieder getötet wurden, darunter Abbas Raad, der Sohn des Vorsitzenden der Parlamentsfraktion der Hisbollah. Die Miliz ist als Partei im Parlament in Beirut vertreten und bekleidet wichtige Posten im Libanon. Israelischen Medien zufolge war der Beschuss aus dem Libanon am Donnerstag so stark wie noch nie, seit es an der Grenze zwischen Libanon und Israel im Schatten des Gazakriegs immer wieder zu gegenseitigem Beschuss kommt.

Im Libanon war am Mittwoch und Donnerstag der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian zu Besuch. Bei Treffen mit Hamas-Vertretern sowie mit dem Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah ­feierte er die vereinbarte Feuerpause zwischen Israel und der Hamas als Sieg gegen Israel. Er sprach von einem „Ergebnis des Widerstands des palästinensischen Volkes und der Verzweiflung Israels“, wie die regime­nahe Nachrichten­agentur Mehr seine Worte wiedergab. Als „Widerstand“ wird vom Regime in Teheran und von Iran-nahen Organisationen die anti-israelische Achse von Iran über Irak und Syrien bis hin zur Hisbollah und Hamas bezeichnet.

Im Laufe des Donnerstags hatte die Bekanntgabe des Beginns der Feuerpause auf sich warten lassen. Nachdem Israel in der Nacht verkündet hatte, dass es erst am Freitag so weit sein würde, gab Katar, das die Vereinbarung vermittelt hatte, am Nachmittag erstmals einen Zeitplan bekannt: Demnach werde eine erste Gruppe von 13 Geiseln am Freitagnachmittag freigelassen, während Israel das Bombardement Gazas bereits am Morgen einstellen soll.

Das Bangen geht weiter

Angehörige der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln wie auch Familien der Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in israelischen Gefängnissen, die für eine Freilassung infrage kommen, bangen indes weiter. Die Israelin Roni Roman, Schwester der in den Gazastreifen entführten 36-jährigen Yarden Roman, sagte gegenüber der taz: „Ich hoffe sehr, dass das Abkommen in die Tat umgesetzt wird. Dass es nicht platzt.“

Dass ihre Schwester schon unter denjenigen 50 Geiseln sein wird, die zunächst binnen vier Tagen von der Hamas freigelassen werden sollen, glaubt sie allerdings nicht: „Die Rede ist in dem Abkommen ja von Kindern, deren Müttern und weiteren 12, wahrscheinlich älteren Frauen.“ Roman hofft aber, dass die nun geplante Feuerpause länger anhält und weitere Geiseln freigelassen werden.

Israel und die Hamas hatten sich unter Vermittlung Katars, der USA und Ägyptens auf den Deal geeinigt, der einen Austausch im Verhältnis von einer Geisel gegen drei Gefangene vorsieht. Nach anfänglich 50 Geiseln und 150 palästinensischen Gefangenen innerhalb von vier Tagen, an denen die Waffen schweigen sollen, könnten täglich weitere zehn Geiseln mindestens sowie eine dreimal so hohe Zahl von Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen freikommen. Israel sprach allerdings von maximal zehn Tagen Feuerpause.

300 Namen von Gefangenen

Bei den Palästinenser*innen, die entlassen werden sollen, handelt es sich Medienberichten zufolge ausschließlich um Frauen und Minderjährige. Die Regierung hatte eine Liste mit insgesamt 300 Namen von Gefangenen veröffentlicht, die infrage kommen. Kurzfristige Klagen gegen den Deal mit der Hamas hat Israels Oberstes Gericht am Mittwoch und Donnerstag abgelehnt. Eine Organisation, die Klage eingereicht hatte, wollte die Regierung damit auffordern, nachzuweisen, dass der Deal keine israelischen Leben gefährdet.

Warum sich das Inkrafttreten der Vereinbarung zuletzt in die Länge gezogen hat, ist nicht genau bekannt. Medien berichteten von unterschiedlichen Gründen, zumeist unter Berufung auf israelische Quellen. So hatte die Hamas zunächst offenbar keine Liste der israelischen Geiseln vorgelegt, die freigelassen werden würden.

Nach palästinensischen Angaben lag die Verzögerung auch an der Frage, ob das Rote Kreuz die vielen Geiseln in Gaza besuchen kann, die zunächst nicht freikommen. Netanjahu hatte davon am Mittwoch gesprochen. Laut Jerusalem Post war zudem unklar, ob die Geiseln an die ägyptische Grenze gebracht werden oder im Gazastreifen an das Rote Kreuz übergeben werden.

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