Girona FC führt La Liga an: Spaniens vierter Spitzenclub

Der Girona FC gewinnt bei Barça mit 4:2. Nun steht der Klub aus Katalonien an der Tabellenspitze. Und Fußballspanien lernt, dass es Außenseiter gibt.

Spieler und Trainer des Girona FC jubeln

Spaniens neue Sieger: Trainer Míchel und seine Spieler jubeln nach dem Auswärtssieg in Barcelona Foto: reuters/Gea

Trainer Míchel guckte listig in die Runde, als er die Presse zur Audienz begrüßte. Dann eröffnete er feierlich: „Als Erstes möchte ich festhalten, dass wir gerettet sind.“ Wahrscheinlich, ja, doch, kann man so sagen: 41 Punkte hat der von ihm trainierte Girona FC auf dem Konto, die 40 gelten auch in Spanien als magische Grenze für den Klassenerhalt. Nur ist es diesem Fall halt so, dass noch 22 Spiele folgen.

Die Fragen, die Míchel danach bekam, hatten daher mit Klassenerhalt nichts zu tun, sie lauteten: Kann Girona Meister werden? Fulminant mit 4:2 hatte der Außenseiter aus der katalanischen Provinz den großen FC Barcelona in dessen Stadion geschlagen. Beim Abpfiff war es bis auf ein paar hundert glückselige Gästefans totenstill – als ob allen erst jetzt so richtig bewusst wurde, was sich die ganze Saison über ankündigte und nun vor ihren Augen manifestierte: Girona liegt als Tabellenführer jetzt nicht nur sieben Punkte vor dem Vierten Barça. Girona spielt auch den besseren Fußball.

Der Derbysieg war insofern das bisher opulenteste Werk einer Mannschaft, für die Míchel tatsächlich den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben hatte: Was auch sonst bei einem Verein, der erst zum fünften Mal an der Primera Divisón teilnimmt und bisher nie besser als auf Platz zehn landete? Nun, dieses Girona hat jetzt sieben Auswärtsspiele in Folge gewonnen. Es kommt auf 13 Siege insgesamt, mehr als jeder andere in den fünf großen Ligen Europas, und hat dabei 38 Tore geschossen, so viele wie sein Schwesterverein, der Champions-League-Sieger Manchester City (beide Klubs gehören zur „City Football Group“). Es führt die Liga nicht wegen der Schwäche der anderen an (Verfolger Real Madrid kommt auf 39 von 48 möglichen Punkten), sondern wegen seiner eigenen Stärke; wegen eines „Pass- und Bewegungsfußballs von extremer Reinheit und Schönheit“, so die Madrider Sportzeitung As, die das Statement vom Sonntag als „Donner auf dem ganzen Planeten Fußball widerhallen“ hört.

In einer „neuen Dimension“ sieht auch Míchel das Provinzmärchen. In einem Offensivspektakel auf Augenhöhe hatte es zwar etwas weniger, aber dafür die klareren Angriffsszenen. Und bei gegnerischem Druck gelang es immer wieder, durch Kombinationsspiel das typische Pressing Barças auszuhebeln. „Hierherzukommen und sie phasenweise hinter dem Ball herlaufen zu lassen, verlangt viel Persönlichkeit und zeigt, dass wir um alles kämpfen können“, sagte Míchel über „einen historischen Tag: Heute haben wir der Liga einen großen Gefallen getan.“

Míchel, Trainer des Girona FC

„Heute haben wir der Liga einen großen Gefallen getan.“

In Spanien, wo seit 20 Jahren nur Barça, Real und Atlético Madrid Meister wurden, ist so eine Außenseitergeschichte unbekannt. Zu ihr gehört etwa der linke Außenverteidiger Miguel Gutiérrez, der auch mal als offensiver Spielmacher in der Mitte auftaucht. So etwas kannte man bisher allenfalls aus dem Stilbuch von Pep Guardiola.

In Barcelona erzielte Gutiérrez, einst aussortiert bei Real Madrid, mit einem fantastischen Solo jenes 2:1, das die Balance des Spiels kippte. Barça, für das Robert Lewandowski und İlkay Gündoğan trafen, aber noch mehr Chancen vergaben, rannte danach immer kopfloser an. Girona hätte die Partie früher entscheiden können als durch den Schlusspunkt des eingewechselten Cristhian Stuani. Der uruguayische Routinier steht mit seinen 37 Jahren am anderen Ende des Kaderspektrums von Gutiérrez, 22, oder den brasilianischen Talenten Yan Couto, 21, und Savinho, 19. Wo diese alle irgendwann zu einem Großklub weiterziehen dürften, erlebt Stuani zum Karriereabend noch, so sagt er selbst, einen unverhofften „Traum“.

Wie realistisch ist sie also, die Meisterschaft? Míchel will sehen, „wo wir vor dem letzten Saisondrittel stehen“. Ganz offiziell gilt aber schon das Erreichen des Europapokals als neues Ziel. Der Tabellensiebte ist ja auch bereits um 15 Punkte abgehängt.

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