EU-Asylsystem GEAS: Sechsjährige ins Lager

In Brüssel läuft die letzte Verhandlungsrunde zur Reform des EU-Asylrechts. Der Rat will, dass auch Kinder für Schnellverfahren interniert werden.

Ein Flüchtlingslager in der prallen Sonne, vor seinem Zaun geht eine einzelne Person entlang

In Lagern wie diesem auf der Ägäis-Insel Samos sollen Asylsuchende künftig festgehalten werden Foto: Lorenz Mehrlich/picture alliance/dpa/BJV

BERLIN taz | Die EU will auch Minderjährige ab sechs Jahren künftig in geschlossenen Lagern an den EU-Außengrenzen festhalten. Bisher war ein Mindestalter von 12 Jahren im Gespräch. Die spanische Ratspräsidentschaft senkte die vorgeschlagene Altersgrenze unmittelbar vor Beginn der am Donnerstag begonnenen Verhandlungsrunde zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS).

Parlament, Rat und Kommission beraten dabei über die letzten von insgesamt zehn Einzelnormen. Sie werden weitgehende Einschränkungen der Rechte von Flüchtlingen und Mi­gran­t:in­nen in der EU bringen.

Auf dem Tisch liegt unter anderem ein Konzept zu Schnellverfahren an den Grenzen – aber auf EU-Territorium – während denen die Ankommenen als nicht eingereist gelten.

Die Grünen hatten die Schnellverfahren, die Deutschland 2019 ins Spiel gebracht hatte – lange kategorisch abgelehnt. Im Frühsommer aber stimmte Deutschland im Rat den Kommissionsvorschlägen zu. Die Bedingung der Ampel – und insbesondere der Grünen – war dabei lange, dass Minderjährige von diesen Verfahren ausgenommen werden. Schon früh aber war klar: Andere EU-Staaten bestehen auf einer möglichst lückenlosen Anwendung der neuen Regelung.

Nach Beratungen mit dem Parlament entschied sich die spanische Ratspräsidentschaft nun, sechs Jahre als Kompromiss vorzuschlagen.

Faeser will zustimmen

„Ein Skandal“, kritisierte Meike Riebau von der Hilfsorganisation Save the Children Deutschland. Dass nun auch Sechsjährige in die Lager kommen sollen, sei „Ergebnis einer Reihe von überstürzten Absprachen in letzter Minute“, sagte Michele LeVoy, die Direktorin der Europäischen Plattform für Menschen ohne Papiere (PICUM). „Dies ist ein Tiefschlag für die international anerkannten Kinderrechte, die vorschreiben, dass kein Kind in Einwanderungshaft genommen werden darf.“ Länder auf der ganzen Welt haben sich verpflichtet, auf die Beendigung der Inhaftierung von Kindern im Transit hinzuarbeiten, so Le Voy. „Das kann nicht die Art und Weise sein, wie Europa regiert wird.“

Am Dienstag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärt, Deutschland werde dem GEAS-Gesetzestext auch zustimmen, wenn die Ausnahme für Minderjährige nicht durchsetzbar sein sollte.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 18. Dezember angesetzt. Offen sind unter anderem die so genannte Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung (AMMVO/AMMR), die das Dublin-System ablösen und die Asylverfahrensverordnung. Andere Elemente des GEAS wie die Aufnahmerichtlinie sind bereits ausverhandelt. Die spanische Ratspräsidentschaft will noch in diesem Jahr zu einer Einigung kommen. Die Abstimmung des Europäischen Parlaments wäre dann für Anfang März 2024 vorgesehen.

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