Georgiens Oligarch Bidzina Iwanischwili: Ein bedenkliches Comeback

In Georgien will der wichtigste Oligarch zurück in die Politik. Um die Spannungen im Land zu lösen und die EU anzupeilen, ist er der falsche Mann.

Portrait von Bidzina Iwanischwili

Der georgische Ober-Oligarch Bidzina Iwanischwili, hier am 31. Oktober 2020 in Tiflis Foto: Zurab Kurtsikidze/epa

Die Ankündigung des georgischen Ober-Oligarchen Bidzina Iwanischwili, wieder in die Politik zurückkehren zu wollen, ist ein schlechter Scherz. Denn seit dem ersten Wahlsieg seiner Partei Georgischer Traum 2012 war Iwanischwili nie wirklich weg. Er war und ist ein, wenn nicht der entscheidende Akteur, der der Innen- und Außenpolitik des Landes seinen Stempel aufdrückt. So gesehen ist der zunehmend prorussische Kurs der Regierung auch kein Zufall. Seit den 90er Jahren pflegt Iwanischwili ersprießliche Beziehungen zu Moskau, daran hat sich bis heute nichts geändert.

Zugegeben: Die Opposition ist in einem erbärmlichen Zustand und bei der Parlamentswahl im kommenden Herbst wohl kaum in der Lage, einen Machtwechsel herbeizuführen. Ihr jedoch, wie in Iwanischwilis Rede zu vernehmen war, genau das zum Vorwurf zu machen, ist gelinde gesagt dreist. Denn zu der Polarisierung in Georgien hat auch Iwanischwili einen entscheidenden Beitrag geleistet, hinter den Kulissen versteht sich. Das Prinzip lautet: Die Opposition ist keine Gegnerin im politischen Wettbewerb, sondern ein Feind, den es zu bekämpfen gilt.

Genau diese politische Polarisierung zu überwinden ist übrigens eine der Forderungen der EU an die Adresse Tbilissis. Dasselbe gilt für Maßnahmen zur De-Oligarchisierung, die ebenfalls noch ihrer Umsetzung harren. Jetzt, da die EU-Kommission empfohlen hat, Georgien den Status eines Beitrittskandidaten zu gewähren, sollte Brüssel ob des offiziellen Comebacks Iwanischwilis ganz genau hinschauen.

Eine übergroße Mehrheit, vor allem der jungen Geor­gie­r*in­nen, sieht die Zukunft ihres Landes in der EU. Russland ist keine Referenz mehr, wie die Massenproteste gegen das Gesetz zu „ausländischen Agenten“ im vergangenen März eindrücklich gezeigt haben. Das Vorhaben musste fallen gelassen werden. Wenn Iwanischwili jetzt von der Chance auf einen EU-Beitritt Georgiens redet, werden ihn seine Landsleute beim Wort nehmen. Das heißt: Er und der Georgische Traum müssen liefern. Ob das wirklich passiert, werden die nächsten Monate zeigen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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