kunstraum
: Happy Winter Escape

Eigenwillig und begeistert macht sich die Künstlerin Karen Kilimnik in der Galerie Sprüth Magers auf zum Strand und malt ihn. Das wirkt weit minimalistischer als ihre sonst so dicht komponierten Installationen. Im Meer war sie auch – nach Schätzen tauchen.

Karen Kilimnik, „Sea treasure (Munn frames)“, 2023, wood, gold leaf, rhinestones, 9×12×10 cm Foto: Foto: Ingo Kniest; Courtesy the artist,Sprüth Magers + Galerie Eva Presenhuber; © Karen Kilimnik

„Sprüth Magers is pleased to present beach paintings by Karen Kilimnik for a winter escape“: Mit dieser Ankündigung sei alles gesagt, meint die 1955 in Philadelphia geborene Künstlerin, wo sie noch heute lebt und arbeitet. Deshalb verzichtete die Galerie auf den Infotext zur Ausstellung. Besucher:innen, die zum ersten Mal eine Ausstellung von Karen Kilimnick sehen, werden ohne weitere Info dem Scherz mit der Winterpause vielleicht zu sehr vertrauen und in Karen Kilimnik nur die Ironikerin sehen.

Denn zunächst muss ihre Art zu malen irritieren. Diese Art Sonntagsmalerei, mit der sich die Künstlerin offenbar über die Malerei im Allgemeinen lustig zu machen scheint, so beiläufig wie sie ihre Strände mit dünner Acrylfarbe auf die Leinwand ‚aquarelliert‘. Gleichzeitig spürt man ihre Begeisterung, dieses von Postkarten, Urlaubsprospekten und Hollywoodfilmen allzu bekannte, stets menschenleere Motiv mit den schlanken Palmen, dem makellosen weißen Sand und dem blau-glitzernden Meer, eigenhändig wieder aufzufinden und neu zu erfinden.

Diese Begeisterung und Leidenschaft kommt letztlich in einer ganz eigenwilligen Sicht der Strandlandschaften zum Ausdruck, wobei sich die Eigenwilligkeit eher unauffällig bemerkbar macht. Zumal der Ausstellungsaufbau der Beach paintings und Sea treasures im Vergleich zu früheren, üppig bestückten und entsprechend komplexen Inszenierungen ihrer Werke fast minimalistisch erscheint. Allein das Fehlen der menschlichen Figur, die nicht einmal in der bekannten romantischen Rückenfigur auftaucht, lässt aufhorchen. Und doch ist der Mensch an Kilimniks Stränden präsent, der Tourist, der seine Piña Colada aus der Beach Bar entführt, um sie unter Palmen, direkt am Meer zu genießen, wo er das Cocktailglas mit dem bunten Schirmchen nun einsam und vergessen zurückgelassen hat.

Der Tourist ist auch in den verschiedenfarbigen Rauten zugegen, die im Reiseführer auf besondere Sehenswürdigkeiten hinweisen. Nur dass sich diese in „the pink beach“ (1967/2023) ausgerechnet in einem endlosen blauen Himmel, einem ebenso endlosen grünblauen Meer und einem absolut leeren rosafarbenen Strand finden sollen. Aber wir dürfen uns sicher sein, wir sehen hier besondere Sehenswürdigkeiten, diese Strände, sie sind unheimlich, darüber täuscht auch der lustig aus dem Wasser springende Delphin in „the island beach“ (2023) nicht hinweg. Einfach ein Seestück ist dann die Segelregatta an der „cote d’azure (by Raoul Dufy)“ (2022), ausnahmsweise mit wasserlöslicher Ölfarbe auf die Leinwand gebracht.

Auf im Raum verteilten Podesten liegen, gelegentlich auch auf einem kleinen Sandkissen die „Sea treasures“, Bruchstücke der glänzenden vergoldeten Rahmen, in denen Karen Kilimnik ihre leichthändig skizzierten Zeichnungen und Ölbilder auf Papier gerne präsentiert und die sie nun mit bunten Glassteinen, Muscheln und Seesternen inkrustiert hat. Gerade dieser bunte, aus dem Meer geborgene Zierrat verstärkt die Melancholie, die diese Flucht vor dem Winter in tropische Gefilde bei Sprüth Magers begleitet.

Karen Kilimnik. Sprüth Magers, bis 27. Januar, Di.–Sa. 11–18 Uhr, bis einschließlich 3. Januar geschlossen, Oranienburger Str. 18

Brigitte Werneburg