Trump sucht Hilfe beim Obersten Gerichtshof

Der frühere US-Präsident Donald Trump zieht gegen seinen Ausschluss von den Wahlen in Colorado vor das Oberste US-Gericht. Damit bleibt er zunächst auf den Stimmzetteln

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump nimmt am Zivilprozess gegen die Trump Organization in New York teil.

Normalerweise muss Trump vor Gericht, wie hier beim Betrugsverfahren in New York Foto: Mike Segar/reuters

Von Bernd Pickert

Einen Tag vor Fristablauf ist der frühere US-Präsident Donald Trump am Mittwoch gegen­ seinen Ausschluss von der republikanischen Vorwahl in Colorado vor den Obersten Gerichtshof der USA gezogen. In dem Bundesstaat hatte das dortige Oberste Gericht am 19. Dezember entschieden, Trump dürfe aufgrund seiner Beteiligung an einem Aufstand gegen die Verfassung kein öffentliches Amt ausüben, sei also von den Wahlzetteln zur Vorwahl am 5. März zu streichen. Gleichzeitig hatte das Gericht das Inkrafttreten dieser Entscheidung jedoch bis zum 4. Januar ausgesetzt – und sollte Trump bis zu diesem Datum den Supreme Court in Washington anrufen, bliebe das auch so bis zu einer Entscheidung. Das haben Trumps Anwälte nun getan. Gegen einen weiteren Ausschluss im Bundesstaat Maine, den dort die Leiterin der Wahlbehörde ausgesprochen hatte, hatte Trump bereits am Dienstag Berufung eingelegt.

Das Gericht in Colorado hatte in seinem Urteil erklärt, aufgrund von Trumps Rolle beim Sturm seiner An­hän­ge­r*in­nen auf das Kapitol am 6. Januar 2021, als sie die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden durch den Kongress verhindern wollten, greife der Abschnitt 3 des 14. Verfassungszusatzes. Der Abschnitt wurde nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg verabschiedet, um ehemalige Konföderierte aus dem Staatsdienst fernzuhalten. Er sieht vor, dass nicht im Dienst der Vereinigten Staaten stehen darf, wer sich an einem Aufstand beteiligt hat.

Mit der gleichen Argumentation war zuvor in anderen Bundesstaaten versucht worden, Trump vom Wahlzettel streichen zu lassen – allerdings hatten dortige Gerichte befunden, der Verfassungszusatz finde auf Präsidenten keine Anwendung, weil sie keine Staatsdiener in diesem Sinne seien und auch einen anderen Eid schwören würden. Auch ein Bezirksgericht in Colorado hatte das in erster Instanz so entschieden.

In ihrem Schriftsatz an den Obersten Gerichtshof greifen Trumps Anwälte nun dieses Argument auf und bestreiten im Übrigen, dass überhaupt Gerichte befugt wären, über den Ausschluss von Kan­di­da­t*in­nen zu entscheiden. Dieses Recht bliebe in den USA den Wäh­le­r*in­nen oder bestenfalls noch den Parlamenten vorbehalten, argumentieren sie. Und natürlich bestreiten sie, dass Trumps Rolle am 6. Januar 2021 überhaupt als „Beteiligung an einem Aufstand“ zu interpretieren sei. Das Gericht in Colorado hatte sich im Wesentlichen auf die Ergebnisse des viele Monate lang tagenden Untersuchungsausschusses des Kongresses gestützt.

Millionen Wähler würden entrechtet, schreiben Donald Trumps Anwälte nach Washington

Zwar wird der Oberste Gerichtshof aufgefordert, rasch zu einer Entscheidung über den Fall zu kommen, der offenkundig von herausragender Bedeutung für die Vereinigten Staaten sei. „Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Colorado würde Millionen Wähler in Colorado verfassungswidrig entrechten und wahrscheinlich als Vorlage dienen, um landesweit zig Millionen Wähler zu entrechten“, schreiben Trumps Anwälte in ihrem Antrag. Allerdings: Aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Antragstellung bleibt Trump ohnehin zunächst auf dem Wahlzettel – ob sich der Gerichtshof nun beeilt oder nicht.

Trump selbst hat in den vergangenen Wochen seine Rhetorik auch in Bezug auf den 6. Januar 2021 noch einmal verschärft. Jene, die aufgrund ihrer Beteiligung am Sturm aufs Kapitol angeklagt oder bereits verurteilt sind, bezeichnete er kürzlich als „Geiseln des Systems“. Sollte er wiedergewählt werden, würde er sie wohl alle begnadigen.