Gesetz für kritische Rohstoffe: Europa braucht Stoff

Die EU hat sich auf ein Gesetz geeinigt, das die Versorgung mit kritischen Rohstoffen sicherstellen soll. Doch nicht alle sind zufrieden.

Blick über eine Salzebene

Lithiumabbau in der argentinischen Salzwüste Salar del Rincon Foto: Agustin Marcarian/reuters

BERLIN taz | Wer Solarpanele, Windräder und E-Autos bauen will, braucht Rohstoffe. Deshalb hat das Europaparlament am Dienstag abschließend ein Gesetz verabschiedet, das die Versorgung mit Lithium, Grafit, Nickel und Co auf Dauer sicherstellen soll. Dabei setzt es auf Partnerschaften mit rohstoffreichen, vor allem demokratischen Ländern, auf mehr Recycling, Substitution kritischer Materialien und auf mehr heimischen Bergbau. Erst Mitte März hatte die EU-Kommission den Critical Raw Materials Act (CRMA) vorgestellt, in der Rekordzeit weniger Monate haben sich Rat und Parlament auf einen Gesetzestext geeinigt.

Das Problem halten alle von Liberalen über Konservative bis zu Linken für dringlich: „Wenn wir die grüne und digitale Transformation umsetzen wollen, dann brauchen wir eine sichere Rohstoffversorgung“, sagt Nicola Beer, Berichterstatterin und damit Verhandlungsführerin der FDP im EU-Parlament. Sie betont, dass die Themen Recycling und Substitution eine große Rolle im Gesetzestext spielten: „Was wir recyceln und ersetzen, brauchen wir nicht abbauen.“

Auch die grüne Abgeordnete Henrike Hahn, Schattenberichterstatterin ihrer Fraktion für den CRMA, zeigte sich zufrieden, dass „grüne Prioritäten umgesetzt wurden“. Der CRMA führe zu mehr Recyclingwirtschaft und Verbrauchsminderungen und stärke in einem gewissen Rahmen die Zivilgesellschaften der Bergbauländer.

Zudem sei die Haltung zum Tiefseebergbau im Gesetz bemerkenswert. „Das war im Rat umstritten“, so Hahn, „er hat ihn als internationale Angelegenheit betrachtet, der nicht im Rahmen der EU geregelt werden dürfe“. Doch nun hält der CRMA daran fest, dass die EU-Kommission einem Tiefseebergbauprojekt den strategischen Status erst dann zuerkennen darf, wenn er im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip steht.

Naturschutzzonen nicht mehr tabu

Dass der Gesetzestext allerdings verschiedene Lesarten zulässt, verdeutlicht Hildegard Bentele, Schattenberichterstatterin der konservativen EVP. Auch sie lobt den CMRA, hebt aber hervor, es gebe für Projekte kritischer Rohstoffe nun keine Verbotszonen mehr, auch in Naturschutzzonen nicht. „Wenn wir über strategische Projekte reden, müssen sie eben auch Vorfahrt haben“, so Bentele. Das Europaparlament habe den Bergbausektor wieder ins Zen­trum des politischen Interesses gerückt.

In einem gemeinsamen Positionspapier kritisieren 44 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen aus Europa das Gesetz genau deswegen. Sie bezweifeln, dass es zu einem sinkenden Rohstoffverbrauch führt: Der alleinige Fokus auf die Versorgungssicherheit der EU lasse einen globalen Gerechtigkeitsansatz missen, schreiben sie.

Außerdem habe das Parlament verpasst, Vorgaben in das Gesetz hineinzuverhandeln, die Europas Rohstoffverbrauch insgesamt absenken. Die Organisationen fordern unter anderem, die EU müsse Ziele festlegen, bis 2030 den Rohstoffverbrauch zu senken und Einwegprodukte, die kritische Rohstoffe enthielten, schrittweise verbieten.

Pro forma muss nun noch der EU-Rat zustimmen. Ab Anfang nächsten Jahres könnte das Gesetz dann in Kraft treten.

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