Mobilität im Berlin-Haushalt: Großes Rad, kleines Rad

Den Verkehrsbereich stattet Schwarz-Rot im Doppelhaushalt 2024/2025 üppig aus – vor allem bei einigen Lieblingsprojekten von CDU und SPD.

Schiff auf einem See, Aufschrift "Wannsee"

Für eine zweite Fähre nach Kladow gibt's Geld, für Radwege weniger Foto: IMAGO / Sabine Gudath

BERLIN taz | Betrachtet man den Verkehrshaushalt von Weitem, scheint es in diesem Bereich vielleicht bisweilen an Ideen, nicht aber an Geld zu mangeln: Auf die im laufenden Jahr schon stattlichen 2,8 Milliarden Euro des Einzelplans 07 „Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt“ – von denen mehr als vier Fünftel auf den Verkehrsbereich entfallen –, packt die schwarz-rote Koalition für 2024 eine knappe halbe Milliarde und für 2025 fast 700 Millionen drauf.

Der Löwenanteil fließt dabei wie immer in den Posten „Eisenbahnen und öffentlicher Personennahverkehr“, mit dem Landeszuschuss an die BVG (800 bzw. 850 Millionen Euro) und den Zahlungen an die S-Bahn Berlin GmbH mit jeweils gut 600 Millionen Euro. Hinzu kommen Zahlungen für Leistungen des Regionalbahnverkehrs (115/120 Millionen Euro) und Zuschüsse für Neubauvorhaben sowohl der DB AG (jeweils rund 60 Millionen) als auch der BVG (12/19 Millionen).

Zwei dicke Posten, die in früheren Haushalten gar nicht auftauchten, sind die Aufwendungen für das von Bund und Ländern gemeinsam finanzierte Deutschlandticket, das mit jeweils 271 Millionen zu Buche schlägt, sowie ein „Zuschuss an die BVG für sonstige betriebsfremde Lasten und an die Jobcenter“ in Höhe von je 300 Millionen Euro: Das sind die Kosten des von der SPD versprochenen und durchgeboxten 29-Euro-Tickets („Berlin-Ticket“) sowie die Zuschüsse zum Sozialticket für 9 Euro.

Vor allem diese Dopplung macht den Haushalt für Oda Hassepaß, verkehrs- und haushaltspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, „wirtschaftlich unverantwortlich, da verschwenderisch“, Sogar eine Rabattierung des Deutschlandtickets auf 29 Euro für alle BerlinerInnen wäre deutlich günstiger gewesen, sagt sie. Hassepaß verweist aber auch auf 2 mal 2 Millionen Euro für ein Wassertaxi in Spandau und 18 Millionen für eine zweite BVG-Fähre nach Kladow, die sich die CDU schon lange wünscht.

Auch der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, kritisisert “Lieblings-Wahlkreisprojekte“, die noch per Hauptausschuss im Haushalt untergebracht worden seien – „so kann man die Debatte im Fachausschuss vermeiden, wo das auseinandergenommen wäre“. Viele dieser Gelder würden allerdings „garantiert nicht ausgegeben“, weil es noch gar keinen Vorlauf gebe. „Das bläht den Haushalt weiter auf, aber der Senat könnte in der Durchführung natürlich dort wieder das Geld reinholen, das er für die Ersparnisse im Gesamthaushalt erbringen muss.“

Peanuts, aber spürbar

Auf der anderen Seite drosselt Schwarz-Rot den Geldfluss bei Maßnahmen der Verkehrswende. Für den Posten „Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehr“ gibt es statt fast 11 Millionen Euro wie in diesem Jahr nur jeweils 7,5 Millionen, auch bei den Mitteln für die Radinfrastruktur wird es weniger (statt 7,25 nur noch 6 bzw. 6,5 Millionen Euro). Das sind im Vergleich zu anderen Haushaltstiteln fast „Peanuts“, die aber auf den Straßen spürbar werden. Es sei denn, die CDU-Verkehrsverwaltung hält tatsächlich Wort und gibt wirklich alles aus – das war Rot-Grün-Rot nicht ansatzweise gelungen.

Immerhin: Oda Hassepaß sieht es als Ergebnis des von Grünen und Linken aufgebauten Drucks in den Ausschüssen, dass der Hauptausschuss zumindest bei den Titeln für Verkehrssicherheit noch ein paar Millionen draufgelegt hat. Hier fließt jetzt aber auch kaum mehr Geld als im Vorgängerhaushalt – es wurden lediglich Einsparungen im Senatsentwurf wieder rückgängig gemacht. Für die Grünenabgeordnete ist der Haushalt darum „unverantwortlich: weil er die Verkehrswende komplett ausbremst“.

Auch der zweiten Verwaltungsebene stößt das bitter auf: „Die Kürzungen im Landeshaushalt 24/25 im Bereich Mobilität treffen die Bezirke hart“, sagt die grüne Verkehrsstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Annika Gerold. Die Bezirke hätten kaum eigene Mittel für Straßenraumumgestaltungen, Radfahrstreifen oder Fahrradstraßen. Gleichzeitig sei der Haushaltstitel „Stadtverschönerung“ – 20 Millionen in 2023, konnte durch die Bezirke etwa für Entsiegelungsmaßnahmen genutzt werden – komplett gestrichen worden.

Beim Radverkehr seien die Titel in den kommenden Jahren stark durch noch unvollendete Maßnahmen vorbelastet, so Gerold. Ihr Fazit: „Bisher ist noch nicht einmal sicher, ob überhaupt irgendein neues Projekt aus den Titeln in 2024 aus dem Landeshaushalt finanziert werden kann.“

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