Erweiterung des Schengen-Raums: Ein Beitritt light

Österreich lockert seine Blockade gegenüber Rumänien und Bulgarien. Einer Vollmitgliedschaft der beiden Balkanstaaten verweigert sich Wien noch.

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Plöckenpass, 08.06.2021: Landesgrenze zwische Italien und Österreich Foto: Arnulf Hettrich/imago

WIEN taz | Rumänien und Bulgarien werden ab 2024 zumindest teilweise in die Schengenzone aufgenommen. Die Einreise in die EU ohne Passkontrolle wird dann auf dem Luftweg sowie per Schiff, nicht aber auf dem Landweg möglich sein. Österreich ist jedoch, als einziges Land, weiter ­gegen eine Vollaufnahme der beiden Länder in den Schengenraum.

Wien hatte im November 2022 bei einer entscheidenden Abstimmung im EU-Ministerrat sein Veto eingelegt. Auch die Niederlande stimmten damals gegen eine Aufnahme, haben aber eine Kehrtwende vollzogen. Österreich blockiert weiter einen Vollbeitritt – wegen des „hohen Migrationsdrucks“, wie es aus Wien heißt.

Die meisten Einreisen erfolgen auf dem Landweg, weswegen auch der jetzige Zwischenschritt nur begrenzt für Erleichterung in Bukarest und Sofia sorgen dürfte. Bereits beim ersten Veto Österreichs sah man sich von Wien enttäuscht. Die Bande sind traditionellerweise eng. Zahlreiche österreichische Firmen sind in der Region engagiert. Rund 150.000 Rumänen und etwa 40.000 Bulgaren leben in Österreich.

Bereits im Sommer zeigte eine Resolution im EU-Parlament, wie isoliert die österreichische Regierung in dieser Frage dasteht. 526 EU-Abgeordnete stimmten für, nur 57 gegen eine möglichst rasche Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in die Schengenzone. Diese sei eine der „spürbarsten Errungenschaften der europäischen Integration“, wie es im Abstimmungstext heißt.

Tagelange Wartezeiten

Es sei inakzeptabel, dass die Bürger mit teils tagelangen Wartezeiten, wirtschaftlichen Verlusten und unnötigen Abgasen an der Grenze diskriminiert würden. Selbst Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen bedauerte die Entscheidung.

Viele Beobachter vermuten, dass Österreichs Nein innenpolitisch begründet ist. Wenige Wochen nach dem initialen Nein fanden Landtagswahlen in Niederösterreich statt, bei denen die ÖVP schmerzhafte Verluste hinnehmen musste. Im Herbst 2024 finden Parlamentswahlen statt. Die ÖVP dürfte versuchen, die alle Umfragen anführende rechtspopulistische FPÖ rechts zu überholen.

Eine harte Linie bei der Schengen-Frage könnte dabei hilfreich sein. Deshalb vermuten viele, dass die schwarz-grüne Regierung vor der Wahl kaum ihr Nein lockern dürfte. Von Österreichs Regierung heißt es, die Verhandlungen über eine vollwertige Aufnahme gingen weiter.

Als Bedingung für seine Zustimmung nannte das Innenministerium einen robusten Außengrenzschutz – auch in Form einer Aufstockung der Frontex-Kräfte vor Ort. Zudem müssten Rumänien und Bulgarien mehr Asylwerber vor allem aus Afghanistan und Syrien aufnehmen.

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