Gericht: Mann im Bett macht noch keine Ehe

Herrenpflegeartikel und ein Mann im Bett seien noch kein Beweis für eine Bedarfsgemeinschaft, entschied gestern das Düsseldorfer Sozialgericht. Ähnliche Beschlüsse waren in der Vergangenheit vom Landessozialgericht gekippt worden

DÜSSELDORF dpa/taz ■ Bei der Auslegung der Hartz IV-Gesetze hat das Düsseldorfer Sozialgericht strenge Kriterien an das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft geknüpft. So reiche es nicht aus, wenn Kontrolleure der Behörden bei einer Anwärterin auf Arbeitslosengeld (ALG) II in deren Wohnung ein Doppelbett, Herrenpflegeartikel und einen Herrn vorfinden, entschied das Gericht in einer gestern bekannt gegebenen Eil-Entscheidung. In dem konkreten Fall hatte die ALG-II-Anwärterin bestritten, in einer „eheähnlichen Gemeinschaft“ zu leben. Der Herr sei lediglich zu Besuch gewesen und lebe in einer eigenen Wohnung.

Zu einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zählten „gegenseitige Einstandspflichten“ wie etwa Unterhaltsleistungen, so das Gericht. Eine unverbindliche Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft sei nicht eheähnlich, denn deren Partner seien nicht zu gegenseitigem Unterhalt verpflichtet, argumentierten die Düsseldorfer Richter mit Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Eheähnliche Gemeinschaften könnten nicht durch überraschende Hausbesuche der Behörden samt Wohnungsdurchsuchungen ermittelt werden. Gegen derartige Methoden bestünden zudem rechtliche Bedenken.

Das Düsseldorfer Sozialgericht hatte bereits in vorangegangenen Entscheidungen die Anrechnung des Einkommens von nichtehelichen Lebenspartnern beim ALG II als verfassungswidrig bewertet. Wie zum Beispiel in folgendem Fall: Einer arbeitslosen Frau aus Mönchengladbach wurde die staatliche Unterstützung verweigert, weil sie mit einem erwerbstätigen Mann zusammenlebt. Das Sozialgericht befand, dass das Zusammenleben allein nicht zur Bestimmung einer Bedarfsgemeinschaft nach Hartz IV reiche und der Frau Unterstützung zustehe. Der Gesetzestext widerspreche außerdem dem Gleichheitsgrundsatz, weil es nur bei heterosexuellen „wilden Ehen“ das Partnereinkommen berechne und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften außen vor lasse.

Die bisherigen Beschlüsse des Sozialgerichts Düsseldorf waren in der vergangenen Woche vom nordrhein-westfälischen Landessozialgericht gekippt worden. Über den neuen Beschluss des Düsseldorfer Gerichts will das Landessozialgericht noch im Juni verhandeln. Das Landessozialgericht hatte Umstände, die bei Hausbesuchen festgestellt wurden, bislang als Anzeichen für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft gewertet. So war bei einem Kontrollbesuch der angebliche Vermieter einer Antragstellerin in Unterhosen in deren Wohnung angetroffen worden.

Das Sozialgericht Dortmund hatte im März im Sinne des Landessozialgerichts entschieden: Ein Arbeitsloser richtete sich gegen die Anrechnung des Einkommens seiner Partnerin mit dem Verweis auf homosexuelle Partnerschaften. Das Gericht hielt diese Tatsache nicht für verfassungswidrig. Ungleichbehandlung von heterosexuellen und homosexuellen Paaren könne nur beseitigt werden, dass schwule und Lesben ihren arbeitslosen Partner unterstützten. NATALIE WIESMANN