Nordzypern setzt auf Putin

Maria Angela Holguin Cuellar steht vor einem scheinbar unlösbaren Problem. Die im Dezember 2023 zur neuen Sondergesandten der Vereinten Nationen für Zypern ernannte Kolumbianerin soll die Gespräche über eine Lösung des Konflikts zwischen griechischen und türkischen Zyprioten wieder in Gang bringen. Sie scheiterten zuletzt vor sechs Jahren. Nordzypern will nicht länger auf Grundlage der bisherigen Vereinbarungen kooperieren. Ziel war die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats. Vor drei Jahren kam in Nordzypern eine neue Regierung unter Präsident Ersin Tatar an die Macht. Außenminister Tahsin Erturuloğlu wurde im Gespräch mit der taz deutlich: „Von jetzt an kann es nur noch Gespräche zwischen zwei souveränen Staaten geben. Die Zukunft sind zwei Staaten, die als Nachbarn leben, hoffentlich mit guten Beziehungen zueinander.“ Die Regierung in Ankara unterstützt diesen Kurs.

Zu einer Zweistaatenlösung aber ist die griechisch dominierte Republik Zypern keinesfalls bereit. „Wir werden niemals eine Lösung akzeptieren, die den Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen widerspricht“, erklärte ein hoher außenpolitischer Beamter der taz. Tatsächlich würden Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung die Grundlage unterminieren, nach der in Nordzypern ein illegitimes Regime auf dem Boden eines 1974 von der türkischen Armee besetzten Gebiets existiert. Lediglich die Türkei hat die dort 1983 gegründete „Türkische Republik Nordzypern“ als Staat anerkannt. Nordzyperns Außenminister Erturuloğlu begründete den Kurswechsel damit, dass die griechischen Zyprioten nicht zu einer gleichberechtigten Partnerschaft bereit seien. „Es waren nur die griechischen Zyprioten, von denen die Gewalt ausging. Die türkischen Zyprioten haben nur reagiert“, sagte er. Er erinnerte dabei an die Auseinandersetzungen auf Zypern 1963/64, als die griechische Seite versucht hätte, die Insel politisch an Griechenland anzuschließen. Tatsächlich sei es den Griechen damals gelungen, die Türken aus allen staatlichen Ämtern zu vertreiben. Das Grundproblem bestehe darin, dass die griechischen Zyprioten mit der Republik Zypern als Staat anerkannt seien, die türkischen Zyprioten mit ihrem Staat aber nicht.

Zugleich nähert sich Nordzypern Russland an, dass traditionell gute Beziehungen zur Republik Zypern pflegte. Präsident Tatar appellierte im Dezember bei einem Istanbul-Besuch an Wladimir Putin, dieser möge Nordzypern als Staat anerkennen. In Nordzypern leben inzwischen wohl etwa 39.000 russische Staatsbürger. Manche von ihnen sind aus dem Süden in den Norden umgezogen, weil die Republik Zypern als EU-Mitglied die Sanktionen gegen Russland mitträgt. Der Guardian schreibt, Nordzypern werde zu einer russischen Geldwaschanlage. Moskau hat 2023 ein Konsulat eröffnet.

Klaus Hillenbrand