Deutsche Waffenlieferungen: Solidarität mit welchem Israel?

Deutschland beliefert Israel mit immer mehr Waffen – das verlängert den blutigen Krieg unnötig. Die militärische Unterstützung Netanjahus ist falsch.

Israelis protestieren mit Flaggen gegen den Premierminister Benjamin Netanjahu

Protest in Jerusalem vor der Knesset gegen Premierminister Benjamin Netajahu am 15.01.2024 Foto: Debbie Hill /imago

Es ist schon ein bemerkenswerter Kontrast. In Den Haag berät der Internationale Gerichtshof dieser Tage über die Klage Südafrikas, das Israel vorwirft, in Gaza einen Genozid zu begehen. In Berlin beschließt die Bundesregierung zugleich, noch mehr Waffen an Israel zu liefern. Im vergangenen Jahr haben sich die Waffenlieferungen nach Israel bereits verzehnfacht. Jetzt will die Bundesregierung zusätzlich Munition für Panzer liefern. Das ist ein Irrweg.

Die Bundesregierung hat den Genozid-Vorwurf gegen Israel schnell vom Tisch gewischt und behauptet, er entbehre jeder Grundlage. Man könne die israelische Armee zwar für ein „zu hartes Vorgehen“ kritisieren, sagt Vizekanzler Habeck. Es sei aber vielmehr die Hamas, die Israel auslöschen wolle. Das mag so sein. Allerdings gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass Israel mit seinem „zu harten Vorgehen“ gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt und Kriegsverbrechen begeht.

UN-Experten und Menschenrechtsorganisationen werfen Israel vor, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen. Gerade hat die israelische Armee die neunte und letzte Universität von Gaza in die Luft gesprengt; zwei Drittel aller Schulen sind zerstört. Der militärische Nutzen dieser Zerstörungswut erschließt sich nicht. Vieles deutet auf eine Politik der verbrannten Erde hin, die weite Teile des Gazastreifens unbewohnbar und jede Zukunft dort unmöglich macht.

Es war richtig, dass sich Deutschland nach dem Terrorangriff der Hamas mit Israel solidarisch erklärt hat. Aber je länger der Krieg fortdauert, desto mehr stellt sich die Frage: Solidarität mit welchem Israel? Mit einer Regierung, in der manche inzwischen offen über ihre Vertreibungspläne schwadronieren, und einem Ministerpräsidenten, der ein Interesse daran hat, dass der Krieg möglichst lange andauert oder sogar ausgeweitet wird? Denn sobald der Krieg vorbei ist, wird sich Premier Netanjahu viele unangenehme Fragen stellen lassen müssen und vermutlich stürzen.

Waffenlieferungen stoppen

Oder sollte man nicht lieber mit jenen Menschen in Israel solidarisch sein, die sich Sicherheit, Frieden und ein Ende des Dauerkonflikts mit den Palästinensern wünschen? Dann sollte man nicht immer mehr Waffen liefern, die den Konflikt verlängern, sondern endlich einen Kurswechsel wagen.

Das Sterben im Gazastreifen muss endlich ein Ende haben. Ein Waffenstillstand scheint auch der einzige Weg, die in der Hand der Hamas verbliebenen Geiseln noch lebend zu befreien. Ein erster Schritt wäre, die geplanten Waffenlieferungen auf Eis zu legen. Sie könnten ein Druckmittel sein, um Netanjahu zu einem Kurswechsel zu bewegen.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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