FDP blockiert Gesetzentwurf: Waffenrechtsreform könnte scheitern

Schon vor einem Jahr wollte Innenministerin Faeser das Waffenrecht verschärfen. Doch die FDP blockiert ihren Gesetzentwurf. Nun wird die Zeit knapp.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser schaut skeptisch

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will mit der Reform des Waffenrechts weiterkommen. Die FDP blockiert Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BERLIN taz | Gerade erst präsentierte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ihre bisher erreichten Projekte in dieser Legislatur: das neue Fachkräfte- und Staatsangehörigkeitsrecht, Verbote von Hammerskins oder Samidoun sowie das Bundespolizeigesetz. Ein Vorhaben aber fehlte: das Waffenrecht, das Faeser schon vor einem Jahr verschärfen wollte. Und das von der FDP bis heute blockiert wird.

Schon in ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel vereinbart, Ex­tre­mis­t*in­nen „konsequent zu entwaffnen“ und Kontrollmöglichkeiten „effektiver auszugestalten“. Faeser hatte das Vorhaben kurz darauf in ihrem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus nochmal unterstrichen.

Im Januar 2023 legte sie dann einen Gesetzentwurf für ein schärferes Waffenrecht vor. Waffenbehörden sollen damit enger mit Gesundheitsbehörden und der Polizei kooperieren, Erstantragstellende für Waffenberechtigungen ein psychologisches Zeugnis vorlegen. Zudem soll das Gesetz „kriegswaffenähnliche“ halbautomatische Feuerwaffen verbieten und Schießstände verpflichten, ihre Schützen strenger zu kontrollieren.

Die FDP aber blockierte das Vorhaben von Beginn an. Sowohl Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) als auch die FDP-Fraktion erklärten, das Waffenrecht sei streng genug und müsse nur besser durchgesetzt werden. Zudem forderten die Liberalen erst einmal eine Evaluation der jüngsten Waffenrechtsverschärfungen.

FDP bleibt beim Kontra

Die legte Faesers Innenministerium im September 2023 vor. Der 36-seitige Bericht konstatiert „wichtige Änderungsbedarfe“ beim Waffenrecht: etwa bei der Digitalisierung oder der Zuverlässigkeitsprüfung von Waffenbesitzenden und Antragstellenden, etwa durch persönliches Erscheinen bei den Behörden oder mehr Strenge bei den „zu niedrigen Wohlverhaltensfristen“. Auch die Vorlage psychologischer Gutachten fordert der Bericht ein.

Doch die Evaluation bleibt bisher folgenlos – und langsam wird die Zeit knapp, wenn die Verschärfung noch diese Legislatur kommen soll. Zwar erklären Faesers Innenministerium wie auch Buschmanns Justizministerium, man befinde sich beim Waffenrecht weiter in Gesprächen. Tatsächlich aber hängt Faesers Gesetzentwurf seit Monaten im Finanzministerium von FDP-Chef Christian Lindner fest.

Nach taz-Informationen befindet sich der Gesetzentwurf dort im „Vorhabenclearing“. Damit wird der Finanzaufwand eines Gesetzes für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung geprüft. Hierbei hätten sich „eine Reihe an Rückfragen ergeben, die sich derzeit in der Klärung befinden“, heißt es aus Kreisen des Finanzministeriums. Man befinde sich weiter „in einem frühen Stadium der Ressortabstimmung“.

Bestehendes Waffenrecht sei ausreichend

Und auch die FDP-Fraktion bekräftigt ihre Ablehnung. Extremisten und Gefährder müssten entwaffnet werden, erklärt dort zwar Fraktionsvize Konstantin Kuhle. Dafür reiche aber das bestehende Waffenrecht. „Die vorgelegte Evaluation aus dem Innenministerium ist keine Grundlage für eine Verschärfung des Waffenrechts“, so Kuhle zur taz. Denn der Bericht habe Lücken. So beziehe er nur die letzte Reform ein, nicht die vorherigen. Auch sei die Umsetzung durch die Länder und Kommunen „nicht hinreichend evaluiert“. Und es fehlten weiter statistische Daten, etwa zum Personal in den Waffenbehörden oder dazu, wie viele Waffen in legalem und illegalem Besitz seien. „Auf dieser Grundlage darf eine weitere Änderung des Waffenrechts nicht erfolgen“, betont Kuhle.

Die Ampel-Partner aber halten dagegen. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass uns der Gesetzesentwurf im Bundestag noch nicht vorliegt“, kritisiert die SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge. Für sie fordert die vorliegende Evaluation zum Handeln auf. Es sei eine sicherheitspolitische Notwendigkeit, bekannte Schwachstellen anzugehen, Personen mit Waffenberechtigungen strenger zu überprüfen und den Austausch zwischen den Behörden zu verbessern.

Zudem sollen zuletzt mehrere Schusswaffenvorfälle „deutlich gezeigt haben, dass wir die Änderungen brauchen“, so Wegge zur taz. „Wir hoffen sehr, dass sich diese Einsicht auch bei der FDP durchsetzt. Daher setze ich darauf, dass uns in diesem Jahr ein Gesetzentwurf der Bundesregierung erreicht.“

„Gefährliches Spiel auf Zeit“

Auch der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich appellierte an die FDP: „Wer lautstark eine Evaluierung fordert, kann den daraus resultierenden Handlungsbedarf dann nicht einfach ignorieren.“

Die FDP spiele beim Waffenrecht „ein gefährliches Spiel auf Zeit“. Denn jeder Rechtsextremist mit einer Waffe sei „eine enorme Bedrohung für unsere Sicherheit“, so Emmerich zur taz. „Das darf ein wehrhafter Staat nicht dulden.“ Auch dass man bei der statistischen Erfassung und beim Vollzug besser werden müsse, sei „kein Grund, den dringenden Handlungsbedarf im Waffenrecht auf die lange Bank zu schieben“.

Und auch von der oppositionellen Linken kommt Druck. Deren Innenexpertin Martina Renner verweist auf die vorliegende Evaluation: „Obwohl der Bundesregierung eine fundierte Bestandsaufnahme vorliegt, drückt sie sich um die notwendigen Anpassungen im Waffenrecht.“ Das Resultat seien etwa weiter divergierende Gerichtsentscheidungen. Das habe fatale Folgen, so Renner. „Die Waffenbehörden werden im Zweifel eher davor zurückschrecken, Neonazis und Reichsbürgern die Waffen wegzunehmen, solange sie nicht wissen, welche Belege von den Gerichten anerkannt werden.

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