Vor dem Sondergipfel der EU: EU streitet über Waffen für Ukraine

Die EU will der Ukraine mehr Waffen schicken. Doch über die Frage nach den Modalitäten herrscht Streit, und Deutschland steht auf der Bremse.

Artilleriegranaten im Schnee

Was wird aus den Waffenlieferungen? Artilleriegranaten ukrainischer Soldaten nahe der Frontlinie in der Region Saporischschja Foto: reuters

BRÜSSEL taz | Mehr Geld und mehr Waffen für die Ukraine: Dafür veranstaltet die EU am 1. Februar einen Sondergipfel. Es gehe darum, Ungarns Regierungschef Viktor Orbán von seiner Vetodrohung abzubringen und ein großes Ukraine-Paket zu schnüren, heißt es in Brüssel. Doch je näher der Gipfeltermin rückt, desto mehr rückt Deutschland in den Fokus – denn auch die Bundesregierung steht auf der Bremse.

Dies zeigte sich erneut beim Treffen der Außenminister am Montag in Brüssel. EU-Chefdiplomat Josep Borrell will die ­sogenannte Europäische Friedensfazilität (EPF) aufstocken, aus der die EU ihre Waffenlieferungen finanziert. Doch Berlin blockiert diese Entscheidung seit Wochen.

Nun droht der Streit auf den Sondergipfel in zehn Tagen überzuschwappen. Denn die Fronten sind verhärtet. Die Bundesregierung kämpft dafür, dass auch bilaterale Hilfen angerechnet werden. Berlin will in diesem Jahr Waffen im Wert von 8 Milliarden in die Ukraine schicken und fordert, diesen nationalen Beitrag beim EPF anzurechnen.

Dazu macht die Bundesregierung mächtig Druck, wie aus internen Papieren hervorgeht, die der taz vorliegen. So blockierte Berlin vor dem EU-Gipfel im Dezember eine Entscheidung über den neuen Ukraine Assistance Fund (UAF). Man könne „keinem UAF zustimmen“, der bilaterale Hilfen „nicht zu 100 Prozent als gleichwertige Alternative zu finanziellen Beiträgen zur EPF behandeln würde“.

„Deutschland will einen Alleingang hinlegen“

Damit stand Deutschland allerdings ziemlich allein. Nur Ungarn unterstützte den Vorstoß, bilaterale Hilfen anzurechnen. Ausgerechnet der chronische Neinsager Orbán schlug sich auf die Seite von Kanzler Olaf Scholz. Die Mehrheit der EU-Staaten unterstützte dagegen Borrells Vorschlag, 20 Milliarden Euro für den UAF bereitzustellen und die Friedensfazilität auch künftig zu nutzen.

Nach dem Jahreswechsel ging Scholz in die Offensive. „Die Mehrzahl der bisher von den EU-Mitgliedstaaten geplanten Waffenlieferungen für die Ukraine sind zu gering“, kritisierte der SPD-Politiker Anfang Januar. Alle müssten mehr tun und dem guten Beispiel Deutschlands nacheifern, das nach eigenen Angaben am meisten Waffen liefere.

Doch das kam in Brüssel nicht gut an. „Deutschland will einen Alleingang hinlegen“, kritisierte der für Verteidigung zuständige französische EU-Kommissar Thierry Breton. Vor allem kleinere EU-Staaten beschuldigten Scholz, die gemeinsame Hilfe für die Ukraine in Wahrheit nicht auszuweiten, sondern sogar kürzen zu wollen.

Immerhin äußerten Frankreich und einige andere Länder auch Verständnis für die deutschen Haushaltssorgen. Paris legte sogar eigene Ideen für die Reform der gemeinsamen Kriegskasse vor. Auch der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) hat sich auf die Suche nach einem Kompromiss gemacht. Der Vorschlag des EAD kommt Frankreich allerdings mehr entgegen als Deutschland.

Gemeinsame Rüstungsprojekte stehen im Zentrum

Beim Vergleich der Waffenlieferungen sollen künftig zwar bilaterale Hilfen berücksichtigt werden, wie dies Berlin fordert. Im Mittelpunkt sollen aber gemeinsame Rüstungsprojekte stehen – ein Wunsch, den Paris seit Jahren vorbringt. Zudem sollen die Regeln für die Rückerstattung nationaler Beiträge verschärft werden.

Wird sich die Bundesregierung darauf einlassen? Die Diskussion sei völlig offen, heißt es in Brüsseler EU-Kreisen. Beim Ziel sei man sich immerhin einig, so ein Diplomat: Der Ukraine schnell und effizient mehr Waffen zu liefern.

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