Brände in Kolumbiens Hauptstadt: Gestank und brennende Augen

An der Bergkette im Osten von Kolumbiens Hauptstadt Bogotá lodern die Flammen. Zum beißenden Rauch kommt eine Hitzewelle aus Klimawandel und El Niño.

Rauchschwaden ziehen über die Stadt

Der Rauch der brennenden Bergkette vor Bogota zieht bis in die Stadt Foto: Fernando Vergara/ap

BOGOTÁ taz | Es begann mit einer schmalen Rauchsäule auf einer Spitze der Bergkette. Das war am Montagmorgen. Seitdem brennt es in Bogotá. Die Cerros ­Orientales sind für die Bewohner:in­nen von Kolumbiens Hauptstadt der Kompass. Wo die Berge sind, ist Osten. An ihnen richtet sich das Schachbrettmuster der Straßen aus. Da oben steht das Wahrzeichen Monserrate. Da ist die weiße Kirche, die Tou­ris­t:i­nnen wegen der Aussicht besuchen.

Seit Montag wandern die Augen nur zu den Bergen in der Hoffnung, dass es vorbei ist. Aber da sind immer irgendwo Rauch und Flammen. In die Misere hinein fliegen mit viel Getöse zwei, manchmal drei Hubschrauber. An ihnen hängt an einem langen Seil ein roter Sack. Das Ding heißt „bambi bucket“. Tatsächlich sieht es ähnlich imposant aus, wie wenn man ein Rehkitz in den Krieg schicken würde. Der Hubschrauber fliegt hin, der Sack öffnet sich – und pieselt einen dünnen Strahl an den Berg, 2.460 Liter pro Ladung.

Im Wald auf dem Berg kämpfen rund 200 Feuerwehrleute seit Tagen, um das Feuer zu ersticken, schlagen Schneisen, pumpen Löschwasser hoch. Mit Unterstützung der Polizei und Luftwaffe. Bogotá liegt auf 2.600 Metern, die Berge sind noch mal ein paar Hundert höher, teils senkrecht. Ein Knochenjob. Alles Waldschutzgebiet, verwaltet vom Wasserwerk.

Was können wir tun?, fragten sich viele Bogotaner:innen, denen es das Herz brach. Essensspenden, Getränke, Elektrolyte, Sonnencreme, Augentropfen für die Feuerwehrleute, hieß es. Wenige Stunden später meldeten Stadt und Feuerwehr: Bitte keine Spenden mehr, die Sammelpunkte sind voll. Im Übrigen, stellten sie klar, werde Geld nicht gesammelt. Offenbar hatten da schon Be­trü­ge­r:in­nen die Lage ausgenutzt.

Dazu dieser irre Wind, der einem die Fenster zuschlägt

In und um Bogotá laden Um­welt­schüt­ze­r:in­nen und andere Organisationen seit Donnerstag jeden Tag zum Anpacken ein, damit bloß kein neues Feuer ausbricht: Müll sammeln und gießen im Feuchtgebiet, im Forst, auf dem Berg, im Páramo, dieser kostbaren moorigen andinen Hochgebirgstundra, wo das Trinkwasser entsteht.

Während dieser Text geschrieben wird, brennt es an fünf Orten im Stadtgebiet: zweimal in den Bergen, in der Nähe der Mülldeponie Doña Juana, im Feuchtgebiet Tibanica und im Stadtteil Kennedy. Gelöscht wurde noch kein Feuer seit Montag, bestenfalls „kontrolliert“.

Das Gesundheitsamt rät Leuten, die in der Nähe wohnen oder Atemwegserkrankungen haben, zu N95-Mundschutz. Und dazu, die Fenster geschlossen zu lassen. Die Luftqualität, in Bogotá generell schlecht, ist jetzt noch furchtbarer. Auf der Straße sieht man trotzdem wenige mit Mundschutz. Ein paar Schulen wurden evakuiert und geben jetzt virtuellen Unterricht.

Die Sonne brennt und brennt. Es ist kein Regen in Sicht. Dazu dieser irre Wind, der einem die Fenster zuschlägt. Der die Rauchwolke mal ins eine Viertel, mal ins andere treibt. Die Frage ist: Stinkt die Wohnung morgens wieder nach Rauch? Brennen die Augen beim Frühstück?

Die Wanderwege sind geschlossen, die Kirche auch

Mittlerweile sagt die Feuerwehr, alles habe mit einem streng verbotenen Lagerfeuer begonnen. In Usme hat womöglich die Landmafia Feuer gelegt. An den anderen könnte vieles schuld sein – eine Glasscherbe, eine Zigarettenkippe. Oder die irre Hitze, verursacht von der Klimakrise, verstärkt von El Niño. Schaut man sich die Karte von Kolumbien an, ist sie großteils rot. Alles Hitzeherde, die zu Feuern werden könnten. An vielen brennt es schon.

Die Stadt hat die Wanderwege in den Bergen alle geschlossen. Dazu neun Parks, die in der Risikozone liegen, die Kirche Monserrate. Manche fordern, die Wanderwege für immer zu schließen, weil es zu viele Deppen gibt. Andere sind traurig, weil es in der Stadt eh zu wenig Natur gibt, um sich zu bewegen.

Nachts herrscht Stille. Da fliegen die Hubschrauber nicht. An der Bergkette glühen die Feuernester. Dann ist sie auf einmal komplett schwarz – bis der Berg wieder eine Feuerzunge spuckt. Wie ein erlöschender Vulkan, der sich noch einmal aufbäumt.

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stammt aus dem Bayerischen Wald und berichtet seit 2017 überwiegend aus Kolumbien. Sie ist Mitglied des Reporterinnen-Teams von #tazFolgtDemWasser und Mitgründerin des Magazins „Südamerika+Reporterinnen“ auf der genossenschaftlichen Journalismus-Plattform-„RiffReporter“.

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