das wird
: „Unsere Werte beruhen auf der Aufklärung“

Die Jugendorganisation der Gewerkschaft Ver.di und KollegInnen von der israelischen Histadrut sprechen online miteinander

Interview Luna Harms

taz: Frau Gehlisch, Herr Schmidt, wie kommt es, dass Sie eine Veranstaltung zusammen mit der israelischen Gewerkschaft Histadrut ausrichten?

Regina Gehlisch: Die Ver.di-Jugend Niedersachsen-Bremen ist Mitglied der DGB-Jugend – und dieser Verband bekennt sich seit vielen Jahren zur Histadrut und dem Staat Israel. Wir pflegen eine lange Freundschaft, seit 1961 veranstalten wir Jugendbesuche. Mittlerweile finden diese Besuche 10- bis 15-mal im Jahr statt.

Welche Rolle spielen Gewerkschaften in Israel?

Jonas Schmidt: Soweit wir die Rolle der Histadrut von Deutschland aus beurteilen können, ist sie die größte und breiteste Gewerkschaft in Israel. Anders als bei Richtungsgewerkschaften, die direkten politischen Strömungen untergeordnet sind, ist die Histadrut eine Einheitsgewerkschaft, so wie auch der DGB. In Einheitsgewerkschaften finden sich unterschiedlichste politische Strömungen wieder. Die Histadrut ist offen für alle Ar­beit­neh­me­r*in­nen in Israel.

Foto: Ver.di

Jonas Schmidt

*1987, ist seit 2018 Landesjugendsekretär bei Ver.di Niedersachsen-Bremen.

Ver.di und Histadrut betrachten sich als Schwestergewerkschaften.

Schmidt: Uns verbindet eine lange Geschichte, wie auch mit anderen Gewerkschaften. Wir haben den Aufbau der Histadrut unterstützt und sehen auch eine Pflicht darin, unsere KollegInnen weiterhin zu unterstützen.

Welche Zusammenarbeit findet konkret statt?

Schmidt: Das Ziel der Gewerkschaften ist die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der ArbeitnehmerInnen. Ver.di und Histadrut sind Mitglieder in internationalen Bündnissen und vernetzt: für Austausch und dafür, voneinander zu lernen – besonders innerhalb unserer jeweiligen Jugendstrukturen. Auch über Gesetzgebung tauschen wir uns aus. International können sich ArbeitnehmerInnenrechte von denen in Deutschland sehr unterscheiden.

Stichwort internationale Kontakte: Viele GewerkschafterInnen, auch in Europa, solidarisieren sich derzeit mit dem, was sie als palästinensische Sache betrachten – das umfasst auch den Widerstand gegen israelisches Vorgehen, etwa gegen die Hamas derzeit in Gaza. Hat das Auswirkungen auf Sie? Bemerken Sie einen veränderten Ton oder eine andere Haltung Ihnen gegenüber – wegen ­Ihrer Solidarität mit Israel?

Online-Gespräch „Unsere Hoffnung heißt Solidarität“: heute, 19 Uhr, unter https://t1p.de/aeco3

Aktionswochen gegen Antisemitismus 2024: noch bis 10. 2., Programm auf https://hannovergegenantisemitismus.de

Schmidt: Die Internationale Stimmung gegenüber Israel ist sehr unterschiedlich, unsere Haltung aber seit vielen Jahren die gleiche. Wir stehen als Ver.di-Jugend zum Existenzrecht Israels und arbeiten nicht mit BDS oder dazugehörigen Organisationen zusammen. Daran wird sich auch nichts ändern. Wir sind schon lange stark positioniert und bleiben auch international bei dieser solidarischen Haltung.

Gehlisch: Wir möchten in den öffentlichen Dialog mit unseren KollegInnen aus Israel kommen. Uns austauschen, um zu verstehen. Und etwas dafür tun, demokratische Grundwerte zu stärken – als Gewerkschaft und als Individuen.

Verbinden Sie gemeinsame Werte?

Foto: Ver.di

Regina Gehlisch

*1997, ist Landesbezirksjugendvorstand bei Ver.di Niedersachsen-Bremen.

Schmidt: Die ergeben sich auch aus unserer gemeinsamen Geschichte. Freiheit, Gleichheit und Solidarität: Unsere Werte beruhen auf der Aufklärung, welche durch die Shoah in grauenhafter Weise verletzt wurde. Unsere Jugendbegegnungen finden immer im Bewusstsein der Shoah statt, gemeinsames Gedenken spielt eine zentrale Rolle.

Gäbe es die heutige Veranstaltung auch ohne den 7. Oktober?

Gehlisch: Ohne den Überfall der Hamas hätten wir sie in diesem Rahmen nicht durchgeführt. Aber auch außerhalb der derzeitigen Aktionswochen spielt die Auseinandersetzung mit Antisemitismus eine zentrale Rolle für die Ver.di-Jugend Niedersachsen-Bremen.