„Geld fehlt an allen Ecken“

Martin Daub, 59, hat nach 20 Jahren als Kita-Leiter in Pforzheim gekündigt

Die Zusammenarbeit mit den Eltern fällt bei der Arbeit in der Kita meist als erstes hinten runter. Keine Institution ist so dicht an den Familien dran wie die Kitas. Aber das verpufft. Übrig bleiben nur noch Krisengespräche mit Eltern von Kindern, die aus dem System fallen.

Und dann macht man das, was als Pädagoge oder Pädagogin eigentlich ein Tabu ist: Man kümmert sich überwiegend um die herausfordernden Kinder und nicht mehr um alle. Das allerdings signalisiert den sozial angepassten Kindern, dass sie auffällig werden müssen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das ist völliger Wahnsinn.

Wir haben zwei Probleme, die sich überschneiden: zu wenig Personal und zu wenig Kita-Plätze. Geld fehlt auch an allen Ecken. Das beißt sich. Ich kenne keine Kita, die in den letzten drei Jahren nicht in der Situation war, dass man Angebote verkürzen oder ganz streichen musste. Ich hatte als Leitung oft das Gefühl, nur noch den Mangel zu verwalten. Toleranz, Inklusion, Selbstverwirklichung und Menschlichkeit – ich bin dafür angetreten, diese Werte und Normen in der Kita zu leben. Aber darum konnte ich mich nicht mehr groß kümmern.

Es ging nur noch darum, den Tag rumzukriegen, ohne dass etwas passiert. Das hieß, die Öffnungszeiten abzudecken und der Aufsichtspflicht nachzukommen, so dass am Ende des Tages alle gesund nach Hause gehen können. Solche Tage nahmen immer mehr zu. Oft war ich abends total kaputt.

Sich anstrengen zu müssen, mal ein paar Stunden länger bleiben, das ist kein Problem. Aber wenn das Gefühl anhält, dass man immer mehr arbeitet, und doch kommt dabei immer weniger raus, das frustriert.

„Und dann macht man, was als Pädagoge eigentlich ein Tabu ist“

Ich bin gegangen, weil mir das Licht am Horizont fehlte. Es fehlt eine politische Idee und der politische Wille, der Situation und dem Fachkräftemangel zu begegnen. Mir scheint, es werden vor allem die Anforderungen an den Beruf heruntergesetzt. Bloß schafft das wieder neue Probleme.So wird mit der Möglichkeit des Quereinstiegs zwar dem Personalmangel begegnet. Aber dadurch muss in den Kitas viel Ausbildungsarbeit stattfinden.

Zum Beispiel muss die Elternarbeit mit den Quereinsteigenden geübt werden, oder der Umgang mit herausfordernden Kindern. Diese Arbeit ist bei weniger Personal, vielen Ausfällen, höheren Anforderungen eine zusätzliche Belastung. Es ist eine Last, die den gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern aufgebürdet wird. Und die können sie irgendwann nicht mehr tragen. Protokoll: Adefunmi Olanigan