Reaktionen auf Trumps Äußerungen: Bloß nicht provozieren lassen

Von Nervösität bis Augenrollen: Trumps Äußerungen treffen bei Brüsseler Diplomaten auf Ablehnung. Doch viele verstehen sie auch als Weckruf.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Erstmal cool bleiben: Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär Foto: Federico Gambarini/dpa

BERLIN/BRÜSSEL taz | Für viele Europäer ist es ein Déjà-vu. Vor sieben Jahren, am 25. Mai 2017, hat Donald Trump bereits einmal die Beistandsverpflichtung der Nato infrage gestellt. Die Deutschen zahlten nicht genug, behauptete der damalige US-Präsident. Ex-Kanzlerin Angela Merkel war schockiert, der Nato-Gipfel in Brüssel wurde zum Desaster.

Das soll sich nicht wiederholen – auch wenn Trump schon wieder zündelt. Am Wochenende deutete der republikanische Präsidentschaftsbewerber an, unter seiner Führung könnten die USA säumige Nato-Länder „nicht beschützen“. Er würde Russland „sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“, sagte er unter Verweis auf Gespräche in seiner Zeit im Oval Office.

Geht das schon wieder los, fragten sich die Alliierten in Brüssel. Trump spiele mit dem Feuer, hieß es in der Nato-Zentrale. „Jede Andeutung, dass die Verbündeten sich nicht gegenseitig verteidigen werden, untergräbt unsere gesamte Sicherheit, einschließlich der der USA“, warnte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Die Nervosität war mit Händen zu greifen, Trump hatte die Militärallianz kalt erwischt. Wilde Verschwörungstheorien machten die Runde. Der unberechenbare Republikaner habe sich mit Tucker Carlson und Kremlchef Wladimir Putin abgesprochen, munkelten Analysten. Gemeinsam wollten sie US-Präsident Joe Biden und die Nato mürbe machen.

Begrenzt anstrengungsbereit

Doch die Aufregung legte sich schnell, am Montag gab Stoltenberg eine neue Erklärung ab. Die USA würden „ein starker und engagierter Nato-Verbündeter bleiben“ – egal, wer die Präsidentschaftswahl im November gewinnt. Er versicherte, die Nato sei bereit, alle Alliierten zu verteidigen – unabhängig von den Verteidigungsausgaben.

Bloß nicht provozieren lassen, heißt die neue Devise in Brüssel. Trumps Äußerungen seien zwar „wahnsinnig gefährlich“, formulierte ein Diplomat. Allerdings seien die Europäer derartige Ausfälle schon gewöhnt. Mehr noch: Man habe vorgebaut und die Verteidigungsausgaben massiv erhöht. Trumps Provokationen liefen daher ins Leere.

Tatsächlich liegen die meisten Nato-Mitglieder mittlerweile bei oder über der Zwei-Prozent-Schwelle, die vor zehn Jahren in Wales vereinbart worden war. Deutschland kommt in diesem Jahr auf 2,0 oder 2,1 Prozent der Wirtschaftsleistung, Polen peilt 4 Prozent an, das Neumitglied Finnland gibt 2,4 Prozent aus.

An der gesamten Ostflanke der Nato werde das Ausgabenziel übererfüllt, geben sich Insider optimistisch. Bis zum Jubiläumsgipfel im Juli in Washington rechnen sie mit noch mehr guten Nachrichten. Das lange umstrittene „Burden sharing“, also die Lastenteilung, werde dann kein Streitthema mehr sein. „Europa liefert“, so die Message.

Kein Bündnis à la carte

Europa will auch künftig liefern – und sich so von unsicheren Kantonisten wie Trump unabhängig machen. Allerdings ist umstritten, wie das gehen soll. So setzt Frankreich auf „strategische Autonomie“, zur Not auch ohne die USA. Polen hingegen will auf jeden Fall an der Zusammenarbeit mit Washington festhalten, und sei es bilateral.

Und was sagt die EU? „Die Nato kann kein Militärbündnis „à la carte“ sein“, sagte Chefdiplomat Josep Borrell am Montag in Brüssel. Es könne nicht „jetzt ja, morgen nein“ heißen. Das Bündnis existiere oder es existiere nicht. Wie sich die Europäer besser aufstellen und zur Not auch ohne die USA verteidigen könnten, sagte er nicht.

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