Im deutschen Interesse

Eine schwarz-gelbe Regierung würde die Entwicklungspolitik eher der Außenpolitik und Wirtschaftsförderung unterordnen

VON KATHARINA KOUFEN
UND HANNES KOCH

Die rot-grüne Bundesregierung verkündet ihre letzten Erfolge – zumindest in dieser Wahlperiode. Gestern waren Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) dran. Die Botschaft: „Auftrag erfüllt – Erneuerbare Energie weltweit gefördert!“

Wenn es nach manchen Kritikern geht, war dieser Auftritt nicht nur einer der letzten der SPD-Ministerin, sondern zugleich einer deutschen Entwicklungsministerin an sich. Denn unter Schwarz-Gelb ist zumindest umstritten, ob das kleinste Ministerium – im Politjargon BMZ genannt – erhalten bleiben soll. So hat sich die FDP gerade darauf festgelegt, das Ressort als Abteilung in das Auswärtige Amt (AA) zu integrieren. „Eine effiziente Steuerung der deutschen internationalen Zusammenarbeit ist nur aus einem Ministerium heraus möglich“, heißt es im Positionspapier des entwicklungspolitischen Sprechers der FDP, Markus Löning.

In der CDU/CSU will man zwar auch „die deutsche Entwicklungshilfe nach außen hin aus einem Guss“ erscheinen lassen. Von einer Abschaffung des Ministeriums will Christian Ruck, entwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion, jedoch nichts wissen: „Für Angela Merkel ist klar: Das BMZ bleibt erhalten“, so Ruck zur taz. Eine Abschaffung wäre schon aus Gründen der christlichen Nächstenliebe dem C-nahen Flügel der Union schwer vermittelbar. Andere parteinahe Experten halten allerdings auch die Variante für möglich, dass das Ministerium ins AA eingegliedert wird, dafür aber die gesamte Europapolitik direkt ins Kanzleramt wandert.

Für die Unionsparteien dürfte dabei auch Machtkalkül eine Rolle spielen: Bisher hat in schwarz-gelben Regierungskoalitionen immer die FDP das Amt des Außenministers besetzt. Die Christdemokraten wollen aber die Außenpolitik nicht ganz aus der Hand geben und beanspruchen deshalb die BMZ-Ministerstelle für sich. „Die im AA haben zwar viel zu sagen, aber wir verfügen über viel mehr Geld, das wir verteilen können, und sind deshalb im Ausland mindestens genauso wichtig“, erklärt ein Mitarbeiter aus dem Hause Wieczorek-Zeul.

Eines allerdings steht heute schon fest: Sollte Schwarz-Gelb an die Regierung kommen, wird sich die Entwicklungszusammenarbeit noch stärker an deutschen Interessen orientieren, als schon jetzt. In Zeiten der weltweiten Terrorbekämpfung und deutscher Rekordarbeitslosigkeit sollte die Entwicklungszusammenarbeit der Außenpolitik und Wirtschaftsförderung stärker untergeordnet werden. „Wir wollen zeigen, dass Entwicklungspolitik uns Menschen in Deutschland hilft“, so Ruck. Auch würde die CDU verstärkt auf Gelder aus der Privatwirtschaft setzen, etwa über so genannte Public Private Partnerships. Bei der Förderung von Energiegewinnung in den Partnerländern, einem der Schwerpunkte von Rot-Grün, „wären wir vor allem pragmatisch und nicht ideologisch“, so Ruck. Wo erneuerbare Energien „bezahlbar, sinnvoll und handelbar“ seien, würden sie auch von einer konservativen Regierung unterstützt werden.

Insgesamt würde sich eine schwarz-gelbe Entwicklungspolitik noch stärker auf bestimmte Länder und „Schlüsselthemen“ konzentrieren, als dies schon Rot-Grün versucht hat. Ruck: „Das ist vor allem Bildung, ländliche Entwicklung, der Schutz natürlicher Ressourcen und Infrastruktur.“ Die Zusammenarbeit mit für Deutschland besonders wichtigen Schwellenländern soll beibehalten werden, allerdings: Länder wie China sollen mehr technische Beratung, weniger finanzielle Hilfe erhalten.

Anders als die jetzige Regierung würde ein CDU-Entwicklungsminister – zur Debatte steht derzeit Friedbert Pflüger – sich wieder stärker auf bilaterale Hilfe konzentrieren, also auf die direkte Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Partnerländern. Die EU, die Weltbank und die UNO würden nur noch dann unterstützt, wenn die Bundesregierung auch Einfluss auf die Verwendung der Gelder hat. Auch will sich die CDU/CSU für eine Reform der UN-Entwicklungshilfe stark machen. Ruck: „Da gibt es viel zu viele Unterorganisationen, die alle genau das Gleiche machen.“

Was die Finanzierung all dieser guten Vorsätze angeht, wird wohl alles beim Alten bleiben: Offiziell hält man an dem – schon vor mehr als 30 Jahren formulierten – Ziel fest, die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufzustocken. Doch auch ein schwarzer Finanzminister wird seinen „Finanzierungsvorbehalt“ äußern und das Projekt damit auf Eis legen. Denkbar sind höchstens neue Rechentricksereien, mit denen die Ausgaben des BMZ schöngerechnet werden. So ist aus CDU-nahen zu hören, dass die Union die Kriterien für Entwicklungshilfe ausweiten will – wie die Regierung Bush in den USA übrigens auch. Experten halten es nicht für unwahrscheinlich, dass Militärhilfe und Polizei- und Bundeswehreinsätze künftig stärker aus dem Haushalt des Entwicklungsministeriums finanziert werden.