Streitigkeiten sind Teil des Erfolgs

Piraten diskutieren über ihren Chef

VON TORSTEN LANDSBERG

Die Parteijugend prangert Frauenfeindlichkeit an, Mitglieder kritisieren den Umgang mit Neonazis, es gibt Missgunst gegenüber medial präsenten Führungsfiguren: Wenn’s um innerparteiliche Misstöne geht, stehen die Piraten anderen Parteien schon heute fast in nichts nach. Ihrem Erfolg können all die Scharmützel indes nichts anhaben. Die Umfragewerte steigen und steigen.

In zwei Landesparlamenten sind die Piraten schon vertreten, der Bundestag folgt aller Voraussicht nach im kommenden Jahr. Verprellte Wähler der etablierten Parteien haben nur darauf gewartet, dass ihre Proteststimmen nicht versanden, sondern eine unangepasste Meute in die parlamentarische Opposition befördern. Es ist belebend, wenn diese irgendwie abseitigen Typen in Talkshows die altbackene Politikerkaste auflaufen lassen. Dass sie von zahlreichen außerordentlich wichtigen Politikfeldern keine Ahnung haben und darüber auch kein schlechtes Gewissen entwickeln, muss einem aber auch nicht gefallen.

Keine Politprofis

Den Piraten wird eine Menge nachgesehen, solange sie für frischen Wind sorgen, unprätentiös auftreten. Sie brechen den Überdruss an Politikersprech auf, und das freut die Presse ebenso wie den Fernsehzuschauer, der herzlich lacht, wenn der Berliner Abgeordnete Christoph Lauer Ex-SPD-Chef Kurt Beck angreift.

Zur Erfolgsgeschichte und dem Nimbus des Andersseins gehört eben auch, dass viele öffentlich auftretende Piraten frei nach Schnauze reden. Sie sind keine Politprofis, noch nicht. Da kann es schon mal passieren, dass einem Landesvorsitzenden eine Formulierung rausrutscht, die ein gewiefter Pressesprecher nie freigeben würde. Das ist Teil der Transparenz. Die Piraten würden sich den anderen Parteien weiter annähern, ließen sie einen Parteichef deshalb über die Klinge springen.