Streik der GDL: Weselskys Ablenkungsmanöver

GDL-Chef Claus Weselsky kämpft für kürzere Arbeitszeiten – auch mit unlauteren Mitteln. Das Streikrecht einzuschränken, wäre dennoch keine gute Idee.

Jemand hält das Foto von Klaus Weselsky in der Hand

Dortmund, 26.01.2024: Streikteilnehmer mit Weselsky-Portrait Foto: Markus Matzel/imago

Der Auftakt zu den angekündigten „Wellenstreiks“ ist gemacht. Zunächst bis Freitag fährt nicht mehr viel auf den Schienen der Republik. Auch danach werden sich Reisende nicht darauf verlassen können, mit der Deutschen Bahn (DB) von einem Ort zum anderen zu kommen, hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) angekündigt. Kurzfristig angesetzte Streiks sollen jederzeit möglich sein.

Für die Bahn­kun­d:in­nen ist das ärgerlich. Dass die üblichen Verdächtigen nun wieder eine Einschränkung des Streikrechts fordern, bleibt dennoch falsch. Die Möglichkeit zu einem wirkungsvollen, also auch unbequemen Arbeitskampf ist die einzige Macht, die eine Gewerkschaft hat.

Nichtsdestotrotz fährt GDL-Chef Claus Weselsky auf einem gefährlichen Gleis. Dass er ausgerechnet über den Hauptstreitpunkt in den Tarifverhandlungen „aus Versehen“ die Unwahrheit gesagt hat, schadet seiner Sache enorm.

Dass die Moderatoren Daniel Günther und Thomas de Maizière eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schicht­ar­bei­te­r:in­nen nicht nur um eine Stunde, sondern um zwei Stunden bei vollem Lohnausgleich vorgeschlagen haben, ist keine Nebensächlichkeit.

Mit seiner Falschdarstellung hat Weselsky wohl davon ablenken wollen, dass unter normalen Umständen eine Absenkung von 38 auf 36 Stunden ein riesiger Erfolg für die GDL wäre. Trotzdem hat sie den Moderatorenvorschlag brüsk abgelehnt. Warum?

Viel spricht dafür, dass Weselsky sich in eine Falle manövriert hat, aus der nur noch schwer herauszukommen ist. Denn die Vereinbarungen mit 28 kleineren Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden, die Weselsky wie eine Monstranz vor sich herträgt, haben zwar einerseits den Druck auf die DB erhöht.

Durch ihre Kopplung per Wettbewerbsklausel an den ausstehenden Abschluss mit der Marktführerin haben sie jedoch andererseits Weselskys Spielraum zur Kompromissfindung dramatisch eingeschränkt. Mit Tricksereien wird er dieses Problem jedoch nicht lösen können.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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