EU-Klimaziel für 2040: 90 Prozent weniger Treibhausgas

Die EU-Kommission will Treibhausgas-Emissionen bis 2040 um 90 Prozent senken. Mit Rücksicht auf Bauern verwässerte sie ihre Botschaft aber.

Baumzweige werden auf einer Autobahn AP-7 in Brand gesteckt, während Landwirte gegen Preisdruck, Steuern und grüne Regulierung protestieren.

Klimaziele wegfackeln: Hier in Spanien auf der AP-7 Autobahn protestierten Bauern gegen Steuererhöhungen und grüne Politik Foto: Albert Gea/reuters

BRÜSSEL taz | Es sollte ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz werden. Doch mit Rücksicht auf protestierende Bauern und die kriselnde Wirtschaft in Europa hat die EU-Kommission ihre Botschaft am Dienstag in Straßburg verwässert. Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihr Team schlugen zwar wie erwartet vor, die Treibhausgas-Emissionen in den 27 EU-Ländern bis 2040 um 90 Prozent zu senken (im Vergleich zu 1990).

Doch das neue Ziel soll nur „netto“ gelten. Wenn also zum Beispiel durch das umstrittene Carbon Capture and Storage (CCS) Kohlendioxid abgeschieden und beispielsweise unterirdisch gespeichert wird, darf das bei den Emissionen gegengerechnet werden. „Brutto“ wäre der Klimaschutz-Erfolg dann geringer, kritisieren Klimaschützer.

Die massiven Bauernproteste der letzten Wochen haben offenbar Wirkung gezeigt. Brüssel will auf neue, verbindliche Ziele für die Landwirtschaft und andere Branchen erst mal verzichten – die sollen erst später folgen. Ein Gesetz zur Verringerung des Pestizideinsatzes wurde sogar komplett zurückgezogen.

„Ich werde vorschlagen, den Entwurf zurückzuziehen“, sagte von der Leyen vor dem Europaparlament in Straßburg. Das Thema bleibe zwar aktuell, aber für die Umsetzung sei ein anderer, neuer Ansatz erforderlich. Der Vorschlag sei zu einem „Symbol der Polarisierung“ geworden, erklärte von der Leyen, die in Kürze ihre Kandidatur für eine zweite Amtszeit bekannt geben will und mit Widerstand in den eigenen Reihen zu kämpfen hat.

Bauern haben Zugeständnisse bekommen

Die Kommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu halbieren. Nach massiven Protesten aus der Landwirtschaft kippte eine Mehrheit aus Konservativen, Rechten und Abgeordneten von Liberalen und Sozialdemokraten das Vorhaben im November.

Klimaschutz könne nur im Dialog gelingen, heißt es nun. Der Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft müsse gerecht sein, dies sei „in Imperativ“. Dabei gelte es, die Sorgen der Bürger und der Industrie zu berücksichtigen.

Sektorspezifische Vorgaben und neue EU-Gesetze zum Klimaschutz sollen nun erst in der nächsten Legislaturperiode folgen – also nach der Europawahl im Juni. Dennoch sorgen die Vorschläge schon jetzt für Streit.

Die deutsche Industrie rief alle Verantwortlichen auf, Nachteile im internationalen Wettbewerb zu verhindern. Das neue Klimaziel dürfe „nicht zulasten der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gehen“, erklärte der Branchenverband BDI.

Umweltschützer sind nicht zufrieden

Die Umweltschützer von Greenpeace bemängeln dagegen, dass Brüssel bei den Klimaschutz-Auflagen für die Landwirtschaft „einen Rückzieher“ gemacht habe. Greenpeace bemängelt zudem, dass die Kommissionspläne keine Zieldaten zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Erdgas vorsehen.

Ärger gibt es auch im Europaparlament. „Es ist nicht nachzuvollziehen, warum Emissionsreduktionsziele für die Landwirtschaft und die Abschaffung fossiler Subventionen gestrichen werden sollten“, kritisierte Henrike Hahn von den Grünen. Das vorgeschlagene Klimaziel reiche nicht aus, um die EU beim Klimaschutz an die Spitze zu setzen.

Demgegenüber lobt der Europaabgeordnete Peter Liese (CDU) das Vorgehen der Kommission. „Von der Leyen hat den Menschen zugehört und steuert mit der heute veröffentlichten Mitteilung nach“, erklärte er. Die angestrebten 90 Prozent seien „sehr ambitioniert“, so Liese.

Kritik gab es auch am Rückzug der Pestizidverordnung. Die Kommission müsse nun einen neuen Vorschlag vorlegen, sagte Sarah Wiener, die zuständige Berichterstatterin des EU-Parlaments. Der Rückzug sei eine „neue Chance, an einer mehrheitsfähigen Pestizidverordnung zu arbeiten“.

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