Lieferkettengesetz und VW in China: Keine Deals mit Diktaturen

Mit dem Lieferkettengesetz wäre bei VW der Groschen schneller gefallen. Nach BASF will nun auch der Autobauer die Produktion in Xinjiang einstellen.

Einfahrt zum VW-Werk in Urumchi

Die Einfahrt zum Volkwagen-Werk in Xinjiang Foto: Stephan Scheuer/dpa

Es ist schon ein Treppenwitz der Menschenrechtsgeschichte, dass ausgerechnet an dem Tag, an dem VW sein Engagement in der Uiguren-Provinz „überprüfen“ will, Europas Lieferkettengesetz wegen der Blockade der deutschen FDP möglicherweise endgültig scheitert. Ohne Deutschland wird aus dem Gesetz, das Firmen für Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltdelikte bei der Produktion weltweit in die Pflicht nimmt, wahrscheinlich nichts.

Was die Liberalen für „unzumutbar für kleine und mittelständische Unternehmen“ halten, hätte einen enormen zivilisatorischen Fortschritt gebracht – und würde beispielsweise das Engagement von Konzernen in der Uiguren-Provinz Xinjiang zumindest erschweren. Von Umerziehungslagern für eine Million Menschen im Westen Chinas sei ihm nichts bekannt, hatte der damalige VW-Chef Herbert Diess noch 2019 lästige Reporterfragen abbügeln wollen.

Dass Europas größter Autobauer nichts von den Menschenrechtsverletzungen gehört haben wollte, schien schon damals ganz schön frech. Die Hinweise von Menschenrechtsorganisationen, aber auch immer skeptischere Investoren haben Volkswagen nun zum Einlenken gebracht. Laut den neuesten Veröffentlichungen sollen Uiguren in militärischen Exerzieruniformen eine VW-Teststrecke in Xinjiang mitgebaut haben – damit ist das Werk wohl kaum mehr haltbar.

Fünf Jahre hat das Zaudern der Wolfsburger gedauert. 2012 hatte VW die mit derzeit 200 MitarbeiterInnen relativ kleine Fabrik in der strukturschwachen Uigurenprovinz angeblich zur politischen Beziehungspflege mit Peking eröffnet – aber solche Deals mit Diktaturen zahlen sich oft nicht aus. Das musste nun auch BASF einsehen – und legte vor wenigen Tagen zwei Beteiligungen an Produktionsstätten in der Region auf Eis.

Wer lässt noch in Xinjiang produzieren? Gibt es noch Baumwolle von dort in Klamotten von Adidas, Puma oder Hugo Boss? Gibt es Teile aus der Region in Solaranlagen, die hier verkauft werden, oder in Autos von Mercedes, VW oder BMW? Europas Lieferkettengesetz ist nötiger denn je.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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