Nachteile des Hamburger Gutscheinsystems: Städtische Kitas müssen sparen

Die Elbkinder-Kindertagesstätten müssen höhere Löhne zahlen. Deshalb setzen sie weniger Personal ein als auf dem Papier vorgesehen.

Kinder in roten Kitteln und eine Frau im weißen T-Shirt sitzen um grünen Tisch herum

Zwei Prozent weniger Personal noch im Rahmen? Hier besucht Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer eine Integrations-Kita Foto: dpa/Christian Charisius

HAMBURG taz | Hamburgs städtische Kitas sollen Personal sparen. Wie aus einer internen Information hervorgeht, muss die Elbkinder-Vereinigung „Stabilisierungsmaßnahmen“ ergreifen. Gehälter und Sachkosten seien stärker gestiegen als der Wert der in Hamburg üblichen Kita-Gutscheine. Frühere Sparrücklagen seien verbraucht. Wegen „Altlasten“ dauere es, bis die Firma wieder stabil im Fahrwasser sei.

Die Geschäftsführung will die im Hamburger Kita-Gutscheinsystem erlaubte Flexibilität ausnutzen. So will sie im Jahresschnitt statt 100 Prozent der bewilligten Personalstunden nur noch 95 Prozent einsetzen. Schon bisher habe dieser Wert real bei 97 Prozent gelegen. Die Differenz von zwei Prozent mache etwa 80 Stellen aus.

Sollte eine Elbkinder-Kita mehr als 95 Prozent der Stunden haben, kämen als „letztes Mittel“ auch Versetzungen in Betracht, heißt es in dem Info-Blatt. Bis Ende Februar soll für jede Kita ein „individueller Umsetzungsplan“ stehen. Zudem werde auch das Verpflegungsbudget für die Kinder leicht gekürzt – um 3,60 Euro im Monat – und die Sachmittel der Schul-Ganztagsbetreuung sänken um zehn Prozent.

Bei Mitarbeitenden kam das nicht nur gut an. „So wird der Beruf immer unattraktiver und wir werden den Kindern nicht mehr gerecht“, sagt eine Fachkraft. Es gebe ohnehin schon einen hohen Krankenstand und erschöpftes Personal. „Ich verstehe nicht, warum man zu so drastischen Maßnahmen wie Personalkürzungen greifen muss“, sagt die Betriebsratsvorsitzende Marina Jachenholz. Sie fragt sich, wieso der Aufsichtsrat nicht früher gegengesteuert habe.

Linke fordert Transparenz über Tariftreue

Dessen Vorsitzende ist SPD-Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer, die zugleich die Auskömmlichkeit der Gutscheine verantwortet. Ihr Sprecher Wolfgang Arnhold erklärt, jüngste Preissprünge seien dort noch nicht eingerechnet, die Verhandlungen für eine Zusatzvereinbarung aber schon aufgenommen. Im Gutscheinsystem liege die Mittelsteuerung nun mal beim Träger. Nur 95 Prozent des möglichen Personals einzusetzen, liege im „zulässigen Rahmen“.

Elbkinder-Sprecherin Katrin Geyer versichert: „Die Zukunft der Elbkinder ist nicht gefährdet.“ Die bisher für die Gutscheine vereinbarte Anpassung an die allgemeine Preissteigerung sei auf hohe Tarifabschlüsse wie zuletzt nicht ausgerichtet gewesen. „Dies trifft tarifanwendende Träger wie die Elbkinder stärker als andere“, sagt sie. Zwar liefen ja die Verhandlungen über eine strukturelle Erhöhung. Die werde die Elbkinder aber erst zu einem späteren Zeitpunkt entlasten.

Die Linken-Politikerin Insa Tietjen fordert, die Stadt sollte mit gutem Beispiel vorangehen: „Dass der größte Kita-Träger, wo Senatorin Schlotzhauer im Aufsichtsrat sitzt, jetzt beim Personal spart, macht den Vorgang ein wenig absurd“, sagt sie. Die Abgeordnete hat zu dem Vorgang bereits unter dem Titel „Wer nach Tarif zahlt, ist gestraft?“ eine Anfrage gestellt. Angesichts des Fachkräftemangels seien gute Löhne unerlässlich. Deshalb sollte der Senat einen Überblick schaffen, welcher Anbieter nach Tarif zahlt und wie viele Beschäftigte „ohne Tarif in einer Kita arbeiten“.

Hinweis der Redaktion: Im dritten Absatz haben wir nach Erscheinen des Textes einen Fehler korrigiert. Das Verpflegungsbudget wird nicht „auf“ sondern „um“ 3,60 Euro im Monat gekürzt.

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