Staatsbürgerschaftsgesetz in Indien: Regierung provoziert vor den Wahlen

Die hindunationalistische Regierung will nun ein Gesetz anwenden, von dem sich Muslime diskriminiert fühlen. Im Bundesstaat Assam brannten Wahlplakate.

Demonstration mit Fackeln.

Protest gegen das Staatsbürgerschaftsgesetz CAA in Guwahati am 12. März Foto: Anupam Nath/ap

MUMBAI taz | Zu Wochenbeginn hat Indiens hindunationalistische Regierung einmal mehr überrascht: Wenige Wochen vor den Parlamentswahlen kündigte sie an, das umstrittene, aber schon im Dezember 2019 verabschiedete Staatsbürgerschaftsgesetz CAA jetzt plötzlich landesweit anzuwenden.

Kritiker sehen in dem Gesetz eine Diskriminierung von Muslimen. Im nordöstlichen Assam, wo ein Drittel der Bevölkerung Muslime sind, brannten deshalb am Dienstag aus Protest Plakate von Premierminister Narendra Modi und Innenminister Amit Shah.

Der Abgeordnete Jairam Ramesh (Kongresspartei) sieht in dem Schritt der Regierung den Versuch, zu den Wahlen in Westbengalen und Assam zu polarisieren.

Westbengalens in Opposition zur BJP stehende Ministerpräsidentin Mamata Banerjee empörte sich: „Wir lassen nicht zu, dass Menschen mit Hilfe des CAA-Gesetzes in Abschiebelager gesteckt werden. Wir wollen keine Unruhen vor den Wahlen.“

Massenproteste gegen das Gesetz schon vor vier Jahren

Schon vor mehr als vier Jahren sorgte das Gesetz für Massenproteste, gegen welche die Behörden zum Teil gewaltsam vorgingen. Das CAA wurde zeitgleich mit einem neuen Bürgerregister NRC angekündigt und schürte Ängste, dass Mus­li­m:in­nen im mehrheitlich hinduistischen Indien gar die Ausbürgerung drohe, wenn sie ihre indische Herkunft nicht ausreichend dokumentieren könnten.

Im Gegensatz zu Muslimen erlaubt die Gesetzesänderung nichtmuslimischen Minderheiten aus Pakistan, Bangladesch und Afghanistan, die vor 2015 nach Indien kamen, die Beantragung der indischen Staatsbürgerschaft.

„Dies dient der weiteren Spaltung der Bevölkerung“, kritisiert Mehbooba Mufti von der Demokratischen Volkspartei (PDP) aus dem indischen Teil Kaschmirs. Die BJP wolle so von Misserfolgen ablenken: „Wir appellieren an alle Gemeinschaften, insbesondere an Muslime, nicht in diese Falle zu tappen.“

Mit 200 Millionen Menschen sind Muslime die größte religiöse Minderheit im 1,4-Milliarden-Land. Was Kritiker als antimuslimisch sehen, stellt die Regierung als Unterstützung von Verfolgten anderer Religionen dar.

Proteste als „Stimmenfang der Opposition“?

Innenminister Amit Shah (BJP) nennt die Kritik „Beschwichtigungspolitik und Stimmenfang“ der Opposition. Premier Modi würdige doch durch das CAA geflüchtete Sikhs, Hindus und Buddhisten.

Be­ob­ach­te­r:in­nen sehen in der jetzigen Verkündung vor allem ein Ablenkungsmanöver. „Die Modi-Regierung hat weder erklärt, warum sie die Anwendung des Gesetzes so lange hinausgezögert hat, noch warum das jetzt kurz vor den Wahlen passiert“, kommentiert der Analyst Brahma Chellaney auf X.

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