Verbot der kurdischen Guerillagruppe: Irak macht mit der PKK Schluss

Lang tolerierte Irak die kurdische Guerillagruppe auf ihrem Boden. Nun gilt sie als Terrororganisation – in Hoffnung auf bessere Beziehungen zur Türkei.

Öcalankopf, im Hintergrund Berge

PKK-Basis in den Bergen von Kandil auf irakischem Territorium, Archivbild von 2016 Foto: Pacific Press/imago

ISTANBUL taz | Irak will nicht länger Rückzugsgebiet der kurdischen PKK-Guerilla aus der Türkei sein. Bei einem Besuch des türkischen Außenministers Hakan Fidan in der Hauptstadt Bagdad stimmte Iraks Zentralregierung zu, die PKK im Irak zu verbieten. Die Organisation, die in der Türkei, aber auch in der EU und den USA als „Terrororganisation“ verboten ist, soll nun auch dort bekämpft werden.

Für die Türkei ist diese Vereinbarung, die am Wochenende veröffentlicht wurde, ein Durchbruch, den sie seit Jahren anstrebte. Die PKK – die den türkischen Staat seit 1984 mit Waffengewalt bekämpft – war nach dem Militärputsch 1980 in der Türkei massiv verfolgt worden. Sie fand Zuflucht in Syrien, von wo aus sie in der Türkei Attentate durchführte. Nachdem die türkische Armee Syrien 1998 mit einem Einmarsch gedroht hatte, wurde PKK-Führer Abdullah Öcalan aus Syrien ausgewiesen und später vom türkischen Geheimdienst in Kenia geschnappt.

Die anderen Kader der Organisation verließen nach und nach Syrien und gründeten ihr neues Hauptquartier im Nord­irak, wo nach dem US-Einmarsch im Irak 2003 die Autonome Region Kurdistan entstand. Die PKK wurde dort zunächst von den irakischen Kurden unterstützt, doch im Laufe der Jahre häuften sich die Konflikte. Das führte zuletzt dazu, dass die kurdische Regionalregierung Angriffe der türkischen Armee auf die PKK in ihrem Territorium duldete.

Dass jetzt auch die irakische Zentralregierung in Bagdad die PKK als eine den Irak gefährdende Terrororganisation einstuft, hat Folgen: Die Türkei wird mit Unterstützung der irakischen Armee – oder zumindest mit deren wohlwollender Duldung – noch massiver als bislang gegen die PKK vorgehen. Im letzten Jahr gab es wechselseitige Angriffe der türkischen Armee im Nordirak und der PKK auf Stellungen der türkischen Armee auf irakischer Seite der Grenze. Dagegen will die Türkei nun mit einer groß angelegten Militäroperation vorgehen.

Nur nach Nordostsyrien könnte die PKK noch ausweichen

Dafür braucht sie die Unterstützung sowohl der Autonomieregierung der Kurden als auch der Zentralregierung in Bagdad. Bis zum Sommer – so hat es Präsident Recep Tayyip Erdoğan bereits angekündigt – soll das PKK-Problem im Irak gelöst sein. Er will dafür noch im April persönlich nach Bagdad reisen.

Bagdad hofft auf eine Vereinbarung über die Nutzung des Wassers von Euphrat und Tigris

Vielleicht bleibt ein türkischer Großangriff dennoch aus. Gerüchte in kurdischen Kreisen in der Türkei besagen, es könnte vorher noch zu einem neuen Anlauf kommen, die PKK-Frage auf politischem Weg beizulegen. Wie vor zehn Jahren schon mal, könnte es Gespräche geben mit dem Ziel, dass die PKK ihre Waffen niederlegt.

Macht Bagdad Ernst, wird die Situation der PKK im Irak prekär. Die Organisation hätte dann nur noch die Möglichkeit, in den Nordosten Syriens auszuweichen. Aus Sicht der türkischen Regierung ist die kurdische Selbstverwaltung in Syrien, die dort zusammen mit den USA die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ bekämpft hat, sowieso ein Ableger der PKK.

Der Irak erhofft sich derweil von einer Wiederbelebung und Normalisierung der Beziehungen zur Türkei vor allem ökonomische Vorteile. Die Türkei bietet sich als Transitland für Öl und Gas an. Und Bagdad hofft, endlich eine Vereinbarung über die Nutzung des Wassers von Euphrat und Tigris abschließen zu können. Auf das Wasser der Flüsse sind Millionen Iraker angewiesen. Doch sie haben ihren Oberlauf in der Türkei und werden durch Staudämme reguliert. Die Türkei hat nun Gespräche in Aussicht gestellt, bei denen eine garantierte Durchflussmenge festgelegt werden soll.

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