berliner szenen
: Tücken des digitalen Datens

Ich checke es einfach nicht – was bitte meint er damit?“ Die blonde Frau auf der Parkbank hält ihrer brünetten Freundin einen Whatsapp-Chat unter die Nase. Die macht mit den Zähnen eine Flasche Bier auf, liest die Nachricht und meint: „Check ich auch nicht. ­Scroll mal auf Anfang.“ Die Blonde tut wie ihr geheißen. Die Brünette liest den gesamten Chat-Verlauf, die Blonde kommentiert immer wieder: „Kapierst du das?“ Die Brünette runzelt die Stirn. Als sie fertig ist, meint sie: „Nee, verstehe ich auch nicht. Irgendwie unentschieden. Mal sieht es aus, als würde er flirten, dann geht er wieder auf Distanz.“ Die Blonde nickt: „Ich drehe echt durch langsam. Starre den ganzen Tag nur noch auf das Handy. Das geht voll an die Nieren. Verknalltsein ist echt nichts für Memmen.“ Die Brünette nickt: „Nee, eher wie so’ne fiese Krankheit. Aber wenigstens haben wir eine Selbsthilfegruppe.“ Sie lacht und zückt ihr Handy: „Guck mal. Ich verstehe auch nur noch Bahnhof.“

Ein alter Mann auf der Bank daneben, der das Gespräch der beiden offensichtlich mitangehört hat, schüttelt den Kopf und meint mehr zu sich selbst: „Was haben die Leute früher denn nur ohne Handys gemacht?“ Ohne Handys, denke ich, war die Kommunikation einfacher. Man musste Briefe schrei­ben, telefonieren oder sich sehen. Alles Formen des Austauschs, bei denen weit weniger Missverständnisse auftreten können als in kurzen Chat-Nachrichten.

Zu dem Schluss kommen auch die beiden Frauen. Die Blonde meint: „Du musst den einfach schnell treffen. Das führt so doch zu nichts. Du kannst nur im persönlichen Gespräch sehen, was er eigentlich will.“ Die Brünette nickt: „Bei dir genauso. Und wenn er dich weiter hinhält, schnell abschießen und gleich den Nächsten treffen. Du hast doch noch genug andere Matches.“

Eva-Lena Lörzer