Steuerpläne des Finanzministers: Steuern runter macht Lindner munter

Finanzminister Lindner fordert Steuerentlastungen für Gering- und Spitzenverdiener. Woher das dafür nötige Geld kommen soll, bleibt unklar.

Christian Lindner zeigt im Gespräch mit seinen Händen einen Abstand an

So groß ist seine Ahnung von Finanzpolitik: Minister Christian Lindner Foto: Michael Kappeler/dpa

FDP-Finanzminister Christian Lindner nutzte die Nachrichtenflaute zu Ostern, um weitere Steuerentlastungen anzukündigen. Noch in diesem Jahr soll der Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer steigen. Der Grundfreibetrag ist das Existenzminimum, das nicht belastet wird. Aktuell liegt er für einen Single bei 11.600 Euro im Jahr.

Lindner will aktiv werden, weil das Bürgergeld für Langzeitarbeitslose zum 1. Januar 2024 deutlich gestiegen ist, um die Inflation auszugleichen. Da das Bürgergeld ebenfalls dazu gedacht ist, das Existenzminimum abzudecken, ist aus Lindners Sicht eine Schieflage entstanden: Langzeitarbeitslose wurden unterstützt, Steuerzahler bisher nicht. Also will der Finanzminister noch in diesem Jahr den Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer anheben. Konkrete Zahlen nannte er nicht.

Auch für 2025 und 2026 hat Lindner Reformpläne. So will er die sogenannte kalte Progression bei der Einkommenssteuer ausgleichen. Mit kalter Progression ist gemeint, dass die Steuerlast steigt, ohne dass die reale Kaufkraft der Löhne zugenommen hätte. Dieser Effekt tritt vor allem bei hohen Inflationsraten ein. Wenn nämlich die Gehälter zulegen, um die Geldentwertung auszugleichen, rutschen die Steuerzahler automatisch in einen höheren Steuersatz. Sie können sich nicht mehr leisten, werden aber steuerlich stärker belastet.

Es ist keine neue Idee, die kalte Progression auszugleichen – sondern langjähriger Standard. Dies macht die historische Rückschau klar. Im Jahr 1958 lag der Durchschnittssteuersatz für einen Single mit einem Jahreseinkommen von umgerechnet 50.000 Euro bei 41 Prozent. Heute sind es nur noch 21,8 Prozent.

Auch Grünen machen sich Sorgen um Wirtschaft

Aber Lindner will noch mehr. Seine FDP hat eine „Wirtschaftswende“ ausgerufen und möchte vor allem die Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener senken. Ein Lieblingsprojekt der Liberalen ist, den Solidarzuschlag für alle abzuschaffen. Diesen Aufschlag von 5,5 Prozent auf die ermittelte Einkommenssteuer zahlt momentan nur noch, wer als Single mehr als 65.500 Euro im Jahr versteuern muss. Das sind ganze 5 Prozent der Bevölkerung. Hinzu kommen die Firmen. Für alle anderen wurde der Soli schon 2021 abgeschafft. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass die Ampel den Soli komplett streicht. Das Thema hat es noch nicht einmal in den Koalitionsvertrag geschafft, weil dem Bundeshaushalt etwa 12 Milliarden Euro fehlen würden.

Allerdings machen sich auch die Grünen inzwischen Sorgen um die Wirtschaft, die in diesem Jahr Prognosen zufolge nur um 0,2 Prozent wachsen soll. Wirtschaftsminister Robert Habeck schlug im Bundestag kürzlich vor, ein Sondervermögen aufzulegen, das durch Schulden finanziert würde, um die Firmen zu entlasten. Der Welt am Sonntag sagte er schon im Februar: „Auch ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist.“ Allerdings blieb im Detail vage, wie Habeck die Wirtschaft entlasten will.

Die FDP ist begeistert, dass die Grünen auf ihre Linie einschwenken. Die Liberalen lehnen es jedoch ab, Schulden aufzunehmen. Lindner will lieber beim Bürgergeld und bei der Rente sparen, um die Steuern für die Unternehmen zu senken.

Allerdings dürften größere Steuerreformen schon daran scheitern, dass gar kein Geld vorhanden ist, das sich verteilen ließe. Im Haushalt 2025 klafft eine Lücke von etwa 20 Milliarden Euro – und es ist gänzlich unklar, wie dieses Geld eingespart werden soll.

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