Hamburger Gratis-Ticket für SchülerInnen: Schwarzfahren wird schwierig

Rot-Grün in Hamburg plant fürs neue Schuljahr ein kostenloses Deutschlandticket. Nachbarländer arbeiten an einem Ticket für 29 Euro.

Schülerinnen mit Ranzen auf dem Rückken laufen auf einen Bus zu

Gute Perspektiven für den Sommer: Mit Beginn des neuen Schuljahres fahren Hamburgs SchülerInnen kostenlos Foto: Marijan Murat/dpa

HAMBURG taz | Der fürchterliche Schreck, bei einer Kontrolle ohne Fahrschein erwischt zu werden, dass könnte für Hamburgs Jugend bald der Vergangenheit angehören. Denn die Fraktionen von SPD und Grünen wollen am 10. April in der Bürgerschaft mit ihrer Mehrheit einen Antrag für ein kostenloses Schülerticket verabschieden, das zugleich als Deutschlandticket gültig ist. Zum neuen Schuljahr, voraussichtlich zum 1. September, wird es eingeführt.

„Die Schüler können sich ihre Schulbescheinigung abholen und sie beim HVV hochladen. Dann bekommen sie ihr Deutschlandticket per Post zugeschickt“, erläutert die grüne Verkehrspolitikerin Rosa Domm. „Wir freuen uns total, dass wir dieses Angebot machen können“, sagt sie. „Es ist ein großer Schritt für die Kinder und Jugendlichen selbst und ermöglicht Teilhabe am Leben.“

Noch ist das Vorhaben nicht beschlossen. Aber auch Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagt: „Wir sind sehr zuversichtlich, dass ein Start eines kostenlosen Schülertickets in dem nächsten Schuljahr 2024/25 gelingt.“ Der Hamburger Senat arbeite dazu bereits behördenübergreifend und mit seinen Verkehrsunternehmen zusammen. Er freue sich über den Antrag der Regierungsfraktionen. „Der gibt uns den entsprechenden Rückenwind dafür.“

Genau genommen stand das Versprechen eines kostenlosen Schülertickets schon 2020 im Wahlprogramm der Hamburg-SPD und als schrittweise zu erreichendes Ziel im rot-grünen Koalitionsvertrag. Die Koalition muss sich fast ein bisschen beeilen, um dieses noch rechtzeitig vor der nächsten Hamburg-Wahl am 2. März 2025 umzusetzen. „Wir haben kostenlosen HVV für Schüler versprochen, dabei bleibt es auch“, sagt der SPD-Verkehrspolitiker Ole Thorben Buschhüter.

Mehrkosten von 30 Millionen

In einem ersten Schritt hatte die Stadtregierung zum August 2021 das alte Schülerticket von einst stattlichen 42,50 Euro im Monat auf 30 Euro vergünstigt. Mit der Einführung des bundesweiten, im Nah- und Regionalverkehr gültigen 49-Euro-Deutschlandtickets tat sie den zweiten Schritt und bezuschusste den Preis für Schüler im Mai 2023 mit 30 Euro. Aktuell kostet ein Schülermonatsticket daher 19 Euro.

Nun gehe es darum, das Nulltarif-Versprechen umzusetzen und mit der Zeit zu gehen, sagen Domm und Buschhüter. Und da es inzwischen das Deutschlandticket gibt und viele Eltern es nutzten, sei es sinnvoll, es auch den Schülern zu geben, zumal ein Teil der Kosten vom Bund getragen wird.

Buschhüter rechnet mit zusätzlichen Kosten von etwa 30 Millionen Euro im Jahr. Finanzsenator Dressel sagt, die Kosten hingen maßgeblich davon ab, wie viele das Ticket beantragten. Würden alle Schüler von dem Angebot Gebrauch machen, lägen die Mehrkosten für die Stadt im Vergleich zum Status quo „allein in diesem Jahr von August bis Dezember bei schätzungsweise 15 Millionen Euro“.

Buschhüter spricht von einer „großen familienpolitischen Entscheidung“. Da Schüler von sich aus kein Einkommen haben, sei es richtig, dass diese Gruppe die Mobilität zum Nulltarif erhalte. Zum Thema Schwarzfahren sagt er, Schüler müssten das Ticket auch in Zukunft bei sich haben und vorzeigen können. Rosa Domm spricht von einem „zentralen Puzzleteil“ der Mobilitätswende. Das Gratis-Ticket solle junge Menschen frühzeitig von Bus und Bahn überzeugen.

Rosa Domm, Die Grünen, Bürgerschaftsabgeordnete

„Es ist ein großer Schritt für die Kinder und ermöglicht Teilhabe am Leben“

Die Linken-Verkehrspolitikerin Heike Sudmann sagt: „Es freut mich, dass hier Bewegung kommt.“ Der Antrag hätte aber auch schon früher kommen können. Zudem sollte es den Nulltarif ihrer Meinung nach für alle Bedürftigen geben.

Hamburg scheint bei den Schülerkarten bundesweit Vorreiter zu werden. Die beiden norddeutschen Nachbarn planen kleinere Schritte. In Schleswig-Holstein soll es für Schüler ein „Bildungsticket“ für 29 Euro in Verbindung mit dem Deutschlandticket geben, das ursprünglich mal für den 1. ­April angekündigt war, aber verschoben wurde.

Land und Kommunen hätten sich „grundsätzlich über die Finanzierung eines landesweiten Bildungstickets geeinigt“, versichert der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Harald Haase. Die Umsetzung liege jedoch in der Verantwortung der Kreise und kreisfreien Städte Schleswig-Holsteins, die den 1. August anstrebten. Doch aufgrund des „hohen Abstimmungsbedarfs und weitgehend ausgelasteter technischer Dienstleister“ gebe es leider noch keinen konkreten Starttermin für das landesweite Bildungsticket.

Auch in Niedersachsen, wo es bisher regional gültige Schüler- und Azubi-Tickets gibt, plant die Landesregierung ein auf 29 Euro vergünstigtes Deutschlandticket für junge Nutzer, kann aber noch kein Einführungsdatum nennen.

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