Fahr’n, fahr’n, fahr’n …

Deutschland (6) – die wöchentliche Kolumne aus der Republik von Henning Kober. Heute: Die Autobahn

Ist nach Mitte der Nacht. Der Fernsehturm am Alexanderplatz knippst sein Licht aus. Ich bin fertig. Der Text jetzt endlich auch. Ein Bier, naja.

Bin ich ehrlich, bin ich zornig. Der Tag hat nicht viel gebracht. Ein voller Ascher. Geld, auch wenn’s noch nicht da ist. Rutsch also runter mit dem Aufzug. Ans Steuer. Immer der großen Straße nach. Hupe an der Humboldt, frisch exmatrikuliert. Auf Wiedersehen, du lahme Institution. Noch mal gehupt am Brandenburger Tor, nach Westen. Anklingeln bei Jake in Kalifornien. Ist auf dem Freeway. Hektik, gerade von einem Vorsprechen zum anderen. Vom Cop zum Clown. Schminkt sich im Auto. Beschwert: „Fahren alle wie Kathleen Turner.“

Aus den Boxen M83, neues Album heißt „Before the Dawn Heals Us“. Französische Marsmusik, sehr gut jetzt. Die große Straße ist ruhig. „Teen Angst“. Die Ampeln nerven, endlich die letzte vor der Autobahn. Rauf am Messezentrum, die alte Tribüne der Avus, lauf geradeaus.

„Moonchild“. Der Mond ein schmaler Schlitz. Über Brandenburg ein blauer Schimmer Hell im Himmel. Bald astronomischer Sommer, dann wird’s nördlich von Stuttgart nimmer ganz dunkel. Blau, Weiß der Schilder, schöne Typografie, einer der wenigen in diesem Land. „Can’t Stop“.

Draußen auf dem Ring, Losprügeln. Schub in den Sitz. Bei Glindow kleines Rennen mit ’nem Golf. Genommen. Fahr’n, fahr’n, fahr’n, was bringt’s? Ist das jetzt Schlägerei, Whiskey, Rotlicht? Schön ist’s. Gegen den Zorn.

Es schlägt das Herz. Verbrennt das Geld vom Tag. Heilt, kindisch, rein. Sind ja auch die Babyjahre. Die Optionen: Hamburg, Hannover, die Ostsee. Eineinhalb Stunden nur. M83 macht’s perfekt zu den hohen Fichten an den Seiten. „I Guess I’m Floating“. Und fahr dann doch wieder zurück.

Über der Stadt rosa Schimmer Hell im Himmel. McDonald’s am Zoo hat offen. Schenkt Bier raus. Zwischen Königs-Tunten, Alkos und schweren Mädchen. Albaner verschicken ihr Zeugs. So ’ne andere Welt, die Nacht, die Stadt, das Land.

Rufe dann Valtin an. Sitzen bald in seiner weißen Wohnung, Alexanderplatz, Südseite. Sieht aus wie ein Zerstörter für Marc Jacobs, der Junge.

Rauchen ein bisschen, schnell wieder munter. Hat mit ’ner schicken Frau geschlafen, die wollt’ er schon lang. Flattert jetzt. „Is doch prima!“ – „Nee, wird wehtun.“ – „Quatsch.“ Dann malen wir Tiere an seine Fenster. Von rechts wird’s schon hell.