Kindergrundsicherung droht Aus: Mehr Pragmatismus, bitte

Die Kindergrundsicherung steht auf der Kippe. Mit einfacheren Mitteln könnte der Zugang zu Sozialleistungen für Kinder erleichtert werden.

Eine Frau spricht bei der Sitzung des Bundestags.

Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Bundestag Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die Kindergrundsicherung steht auf der Kippe. Das sollte nicht sein, denn irgendwas muss kommen, um die Lebenssituation von Kindern in armen Familien zu verbessern. Es sind kinderreiche, oft arme Familien, die uns demografisch gesehen die Zukunft retten werden in Deutschland.

Die sogenannte Kindergrundsicherung, so wie sie als Gesetzentwurf aus dem Hause der Grünen-Familienministerin Lisa Paus kommt, ist aber zu aufwendig im Umbau der Verwaltung. Der Entwurf muss geändert werden. Die Proteste, die sich an Paus richten, sind berechtigt, seitdem sie angekündigt hat, 5.000 zusätzliche Stellen schaffen zu müssen für die neuen Familienservicestellen.

Bei diesen Servicestellen sollen Eltern dann die Kindergrundsicherung beantragen, die aus zwei Komponenten besteht: Einmal soll ein „Garantiebetrag“ das bisherige Kindergeld ablösen. Zum Zweiten soll ein „Zusatzbetrag“ dann statt des bisherigen Kinderzuschlags oder des Bürgergelds geringverdienenden oder armen Familien zugutekommen. Die zweite Komponente ist abhängig von Bedarf und Einkommen der Familie.

Das heißt, die Eltern müssen weiterhin Anträge stellen, in denen sie ihre Wohnkosten angeben, ihr womöglich wechselndes Arbeitseinkommen, eventuelle Unterhaltszahlungen Dritter. Eine automatische Auszahlung der Leistung durch den Staat wird es nicht geben. Für Eltern im Bürgergeldbezug wären zudem weiterhin die Jobcenter zuständig, zu Recht wird daher vor „Doppelstrukturen“ in der Familienförderung gewarnt.

Einfachere Zugänge

Könnte man nicht auf einfachere Weise den Zugang zu Sozialleistungen erleichtern, was ja von der Familienministerin als ein Hauptmotiv für die Kindergrundsicherung genannt wird? Für den Kinderzuschlag zum Beispiel gibt es bereits den „Kiz-Lotsen“, eine Website der Arbeitsagentur, mit deren Hilfe Eltern schnell herausfinden, ob eventuell ein Anspruch auf diese Leistung besteht. Man sollte solche „Kiz-Lotsen“ auch in anderen Sprachen einrichten als nur in Deutsch und Englisch. Mehr fremdsprachige Formulare und entsprechendes Beratungspersonal für die Antragstellungen in den Jobcentern und bei den bisherigen Familienkassen der Bundesarbeitsagentur wären ebenfalls hilfreich.

Mit dem für die Kindergrundsicherung vorgesehenen Geld bliebe dann womöglich noch etwas übrig für Verbesserungen beim Bürgergeld für Kinder oder etwa die Förderung von Nachhilfe. All dies wäre dann allerdings eher ein „Kinderförderungs-Verbesserungs-Gesetz“ als die versprochene Kindergrundsicherung für alle. Tja. Ein falsches Versprechen, ein Markenname darf aber nicht zur Bürde werden. Jetzt müssen Prag­ma­ti­ke­r:in­nen ran.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.