Philosophenturm der Universität Hamburg: Campusleben kehrt zurück

Nach sechs Jahren Sanierung wird der Philosophenturm der Uni Hamburg wieder eröffnet: Das geschichtsträchtige Hochhaus startet in eine neue Phase.

Blick auf den Philosophenturm der Universität Hamburg.

Der Philosophenturm der Universität Hamburg im Oktober 2023 Foto: dpa | Marcus Brandt

HAMBURG taz | Eine Holzbank steht im 13. Stock im Flur vor dem bodentiefen Fenster. Der Ausblick über Hamburg ist atemraubend. Ein Geheimtipp, kein Mensch ist sonst hier Ende März, in den Semesterferien. Die Wände sind gelb geklinkert, die Böden grau. Die Aufzüge sind schnell, sonst scheint nicht viel anders im Philosophenturm der Universität Hamburg.

Dabei wurde der 14-geschossige Bau grundsaniert, für über 115 Millionen Euro. Am 10. April ist Wiedereröffnungsfeier. Sechs Jahre waren seine Fachräume ausgelagert. Wer Germanistik, Philosophie, Geschichte, Romanistik, Anglistik, Slawistik, Amerikanistik, Finnougristik, Uralistik, Griechische und Lateinische Philologie oder Medien und Kommunikation studierte, musste auf das frühere Shell-Haus in der City-Nord ausweichen.

„Es gibt Studierende, die gar kein Campusleben miterlebten. Die tun mir leid“, sagt Rainer Nicolaysen, der Leiter der hiesigen Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte, der selber viele Jahre im 13. Stock sein Büro hatte. Der 1962 nach nur drei Jahren Bauzeit eröffnete Turm ist Teil des „Campus von Melle Park“, zu dem das muschelförmige Audimax und weitere Bauten gehören, mit hellen Fassaden und offenen Erdgeschossen. Es sei einer „der schönsten Plätze Deutschlands“, mit dem sich die Uni zur Stadt öffne, hatte ein Baudirektor seinerzeit gesagt, zitiert im Hamburger Bauheft 44, in dem der frühere Leiter der Uni-Bauabteilung, Michael Holtmann, vom Philosophenturm erzählt.

Entworfen von Paul Seitz, besteht er aus einem Mittelturm und zwei Flügeln und wurde so konzipiert, dass auf jedem Geschoss ein großes oder mehrere kleine Seminare Platz fanden, einschließlich einer Bibliothek und später auch studentischer Fachschaftsräume. „Jede Etage war eine Welt für sich“, sagt Nicolaysen.

1969 gab es die erste Besetzung

In den 9. Stock zum Beispiel zog 1962 das Historische Seminar. Dort arbeitete Fritz Fischer, der mit dem Buch „Griff nach der Weltmacht“ eine Verantwortung der deutschen Politik für den Beginn des Ersten Weltkriegs belegte und so den ersten Historikerstreit der Bundesrepublik auslöste. Er arbeitete Tür an Tür mit seinem Kontrahenten Egmont Zechlin. „Die Wände im Philturm waren so hellhörig, dass er lieber in das kleinere Zimmer seiner Mitarbeiter umzog“, sagt Nicolaysen.

Die Zimmer selber waren mit Waschnischen und Teak-Möbeln komfortabel ausgestattet. Die Uni-Pressestelle nennt den Turm eine Ikone im „Stil der Mid-Century-Modern“. Er wurde aber auch viel kritisiert, für die tristen gelben Wände, für die Winde vor der Tür. Beim Studierenden-Streik 1988 wurde ein Mangel an studentischen Räumen beklagt, wurden Wände bemalt. Knapp 20 Jahre zuvor hatten Studierende 1969 das Psychologische Institut im 2. Stock besetzt und zum „1. befreiten Institut“ erklärt. Eine kleine Gruppe brach gar in Büros der Ordinarien ein, um „Akteneinsicht“ zu nehmen. In Folge besetzte die Polizei den Turm.

Die große Sanierung wurde 2017 nötig, weil die Stadt hier lange zu wenig tat. Man wollte die Uni an den Hafen verlagern. Die Baumaßnahmen umfassen auch den Neubau eines Gebäude-Würfels, Cube genannt, im Innenhof mit Räumen für Studierende und der Fusion aller kleinen Bibliotheken zu einer großen Bibliothek der Geisteswissenschaften, die sich vom zweiten bis zum sechsten Stock zieht. Läuft man durch die Bücherräume, hört man Studierende stöhnen, dass mehr Übersichtlichkeit schön wäre sowie die einheitliche Erfassung aller nun rund 800.000 Bücher. Zudem sei es zu eng, weshalb einige Seminarräume mit offenen Durchgängen in die Bibliothek integriert seien. Gewöhnungsbedürftig sei das.

„Es ist gut, dass das Gebäude wieder öffnet“, sagt Mathes Lorenzen vom Asta. Denn Studierende hätten oft zwischen zwei Seminaren von der City Nord zur Uni pendeln müssen. Das hätten sie „häufig nicht geschafft“.

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