Milliardensubventionen aus China: Pekings Dumpingpreise

China unterstützt seine Konzerne mit Milliarden, westliche Firmen haben damit zu kämpfen. Doch Europa ist nicht machtlos.

Autos auf einem Frachter

In China werden Konzerne drei bis neun mal mehr gefördert als in Europa Foto: Imago/ Jiang Kehong

BERLIN/BRÜSSEL taz | Sie heißen „Saic Anji Sincerity“ oder „BYD Explorer 1“ – riesige Frachter mit tausenden Neuwagen an Bord, die seit Kurzem aus Fernost nach Europa schippern. Chinas Staatsautokonzerne haben sich nun eine eigene Frachterflotte zugelegt, um den europäischen Markt mit günstigen E-Autos zu fluten.

Auf die Kosten müssen BYD, Saic oder auch Marken wie Xiaomi, Nio und Xpeng nicht so genau achten: Die Expansion der Autoindustrie wird strategisch mit Fünfjahresplänen vom Staat gesteuert – und ist hochsubventioniert. Wie genau, zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Sie stellt die Frage: „Foulspiel? Zu Höhe und Umfang der Industriesubventionen in China“.

Je nach Schätzung fördert China seine Konzerne zwischen drei- und neunmal so viel wie Europa und andere Industriestaaten. Besonders viel Geld fließt in Greentech-Branchen. Bei Solarpanelen oder Autoakkus sind Chinas Firmen längst Weltmarktführer, bei E-Autos oder Windturbinen drängen sie gerade verstärkt in die EU. Gerade gab einer der letzten größeren Solarmodulproduzenten Europas, Meyer Burger, seine Fabrik in Sachsen auf. Begründung: Es sei unmöglich, mit Chinas Billigprodukten zu konkurrieren.

Versucht die Regierung in Peking, Konzerne im Westen systematisch mit Dumpingpreisen an die Wand zu drücken? Es gehe „China eher darum, Entwicklung, Selbständigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der ausgewählten Industrien zu stärken. Auch nicht alle Subventionen sind unfair“, sagt Wan-Hsin Liu, Chinaexpertin und Mitautorin der IfW-Studie. Genau wie China fördert auch Europa zum Beispiel Innovationen – umfangreiche Unterstützung für DAX-Konzerne wie VW oder BMW ist allerdings schwer vorstellbar.

Europa ist nicht machtlos

Anders in China: Dort wurde BYD 2022 umgerechnet mit etwa 2,1 Milliarden Euro oder 3,5 Prozent des Umsatzes vom Staat gepampert. BYD erhält laut IfW in China außerdem weit mehr Kaufprämien für E-Autos als alle anderen Hersteller, auch die vor Ort produzierenden ausländischen Firmen wie Tesla oder VW. Zusätzlich gebe es vergünstigte Kredite, billiges Beteiligungskapital oder verbesserten Zugang zu Rohstoffen durch die Behörden. „Das ermöglicht es BYD, seine Produktion stark auszuweiten“, betont Liu.

Allerdings: Europa ist nicht machtlos. Der Kontinent muss laut IfW weder beim Subventionswettlauf, auch mit den USA, mitmachen – noch in einen Handelskonflikt einsteigen. Es gebe zwar mehr Wettbewerbsdruck, aber bei der Qualität seien deutsche Autobauer noch konkurrenzfähig, sagt Liu.

Wenn Olaf Scholz am Wochenende drei Tage lang samt Delegation nach China fliegt, rät das IfW dem Kanzler, auf das Ende besonders schädlicher Praktiken zu drängen. Die Chancen dafür seien gar nicht schlecht – angesichts der aktuell schwächelnden Konjunktur Chinas, seiner Stärke bei grünen Technologien und Spannungen mit den USA.

Die eigentlich für Handelspolitik zuständige EU-Komission ist längst alarmiert. Unlängst hat sie ein Antisubventionsverfahren gegen E-Autos aus China eingeleitet. In der vergangenen Woche kündigte sie zudem eine Dumpinguntersuchung gegen zwei chinesische Solarfirmen an, die Anlagen in Rumänien bauen wollen. Und am Dienstag erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, chinesische Turbinen-Hersteller von Windparks in Europa unter die Lupe nehmen zu wollen. Es gehe um Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien. Welche Firmen betroffen sind, sagte Vestager nicht.

Zuvor hatte Klimakommissar Wopke Hoekstra eingeräumt, dass die EU bei den klimafreundlichen, „grünen“ Technologien ins Hintertreffen geraten ist. China habe die Konstruktion von Windkraft-Anlagen 2023 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, heißt es auch beim Fachverband Windeurope in Brüssel. Dagegen habe sich der Ausbau in der EU verlangsamt.

Nur noch 3 Prozent der Solarpanele aus Europa

Mit dem neuen EU-Verfahren gegen chinesische Hersteller könnte die Konstruktion in Europa künftig noch teurer werden – und der Ausbau gebremst. Vestager will trotzdem weiter gegen Wettbewerbsverzerrungen vorgehen. „Wir kennen das Drehbuch, mit dem China eine dominante Stellung bei den Solarpanelen erworben hat“, sagte sie unlängst. Das habe dazu geführt, dass heute nur noch drei Prozent der in Europa installierten Panele aus der EU stammen.

Dies könne die EU jedoch nicht hinnehmen, sie werde ihren Markt schützen, so Vestager. Auch China müsse sich an die Wettbewerbs-Regeln halten, sonst werde sich Europa wehren. Angesichts des zunehmenden Drucks auch aus den USA rechnet man in Brüssel damit, dass die EU-Kommission ihre Gangart künftig weiter verschärfen wird.

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