Ende des Ramadan in Gaza: Zuckerfest mit ein paar Konserven

Statt Feierstimmung herrschen in Gaza Trauer und Angst. Über das weitere militärische Vorgehen ist sich die israelische Regierung offenbar uneinig.

Betende vor Ruinen

Muslime am Mittwoch beim Gebet in der zerstörten Al-Farouq-Moschee in Rafah, Gaza Foto: Mohammed Talatene/dpa

TEL AVIV taz | Weltweit begehen Muslime an diesem Mittwoch Eid al-Fitr, das Zuckerfest, mit dem der Fastenmonat Ramadan endet. In Rafah im Gazastreifen aber, wohin sich knapp drei Viertel der 2,3 Millionen Einwohner des Küstenstreifens geflüchtet haben, dominieren Trauer und Angst vor dem seit Wochen angekündigten israelischen Angriff.

„Die Welt erwartet von uns, hoffnungsvoll zu bleiben, während wir auf unser Todesurteil warten“, sagt Abu Mohammed Almassri, ursprünglich aus Beit Lahia in Nordgaza, am Telefon. Ein paar Konserven habe der Vater von acht Kindern für den Festtag auftreiben können. Seit Monaten lebt die Familie mit Dutzenden anderen in einem Lehrsaal einer Universität in Rafah.

Der israelische Angriff würde Tod und Zerstörung bringen, die Hamas aber nicht besiegen können, schätzt der ehemalige Universitätsprofessor angesichts der anhaltenden Kämpfe und Bombardements im Norden. „Ich bin frustriert, wenn ich die Tränen in den Augen meiner Kinder sehe oder wenn ich die alten Frauen sagen höre, dass wir Eid feiern werden, wenn wir zurückgekehrt sind.“

Über das weitere Vorgehen herrscht allem Anschein nach innerhalb der israelischen Regierung Uneinigkeit. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Montag öffentlich erklärt, ein Termin für die seit Monaten angekündigte Offensive stehe fest. Das Verteidigungsministerium soll laut Medienberichten 40.000 Zelte für die Evakuierung von Rafah gekauft haben. Nun widersprach Verteidigungsminister Joav Galant in einem Gespräch mit seinem US-Amtskollegen Lloyd Austin: Es gebe bisher kein Datum.

„Was er tut, ist ein Fehler“

Die Spannungen zwischen US-Präsident Joe Biden und Netanjahu werden zunehmend ­öffentlich ausgetragen. In einem Interview mit dem US-Sender Univision kritisierte Biden das israelische Vorgehen in Gaza deutlich und drängte auf einen Waffenstillstand, „um die nächsten sechs bis acht Wochen den vollständigen Zugang zu allen Nahrungsmitteln und Medikamenten sicherzustellen“. Konkret zum Vorgehen Netanjahus sagte der US-Präsident: „Ich denke, was er tut, ist ein Fehler.“

Nach dem Abzug eines Großteils der israelischen Bodentruppen und unter massivem internationalem Druck ist die Zahl der Hilfslieferungen in den Gazastreifen massiv gestiegen. Laut der israelischen Behörde Cogat seien am Montag 419 und am Dienstag 468 Lastwagen in den Küstenstreifen gelangt. Der Rote Halbmond meldete jedoch niedrigere Zahlen, und die Vereinten Nationen gaben an, dass viele der Lkw aufgrund israelischer Kontrollen nur halbvoll seien.

Die US-Agentur für internationale Entwicklung bestätigte einen Anstieg der Hilfslieferungen, der Bedarf sei nach der monatelangen Blockade und angesichts der Zerstörung jedoch weit höher. Die Chefin der Organisation, Samantha Power, sagte: „Wir brauchen weit mehr als 500 Lastwagen pro Tag.“

Während die Verhandlungen mit der Hamas durch Vermittler in Kairo offenbar auf der Stelle treten, nimmt der internationale Druck auf Israel zu. Irland und Australien haben eine mögliche Anerkennung eines palästinensischen Staates angedeutet.

Die australische Außenministerin Penny Wong sagte, ein „Ausweg aus dem endlosen Kreislauf der Gewalt“ im Nahen Osten könne nur durch die Anerkennung eines „palästinensischen Staates neben dem Staat Israel“ gefunden werden. Irlands Außenminister Micheál Martin äußerte sich ähnlich.

Israel lehnt eine einseitige Anerkennung ab. Netanjahu bezeichnete einen derartigen Schritt in der Vergangenheit mehrfach als „Belohnung für Terrorismus“.

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