Unsicherheit in der DR Kongo: „Patrioten“ werden zum Problem

In der belagerten Metropole Goma nimmt die Gewalt zu. Jetzt weist die kongolesische Armee ihre paramilitärischen Hilfstruppen in die Schranken.

Ein Mann im Militäruniform wird von einem anderen Mann auf den Schultern getragen

Demonstration der „patriotischen“ Wazalendo-Milizen in Goma, Februar Foto: Arlette Bashizi / reuters

KAMPALA taz | Jede Nacht, berichten Einwohner, hört man Schüsse in Goma. Täglich erhöht sich in der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo die Zahl der Zivilisten, die von Soldaten der Armee oder von Milizionären, den sogenannten Wazalendo (Patrioten), gefoltert, ausgeraubt, vergewaltigt, erstochen oder erschossen werden. Unter den Toten sind auch Soldaten und Milizionäre selbst, die sich offenbar im Streit gegenseitig erschießen.

Die Millionenmetropole Goma direkt an der Grenze zu Ruanda ist seit Beginn des Jahres fast vollständig eingekesselt. Die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) haben das ganze Gebiet rundherum eingenommen. Die Folgen: Hunderttausende Vertriebene haben sich in Lagern am Stadtrand niedergelassen. Die Lebensmittelpreise sind ins Unermessliche gestiegen.

Jetzt ist es neben Hunger und Starkregen die Unsicherheit, die die Menschen jede Nacht terrorisiert. Denn die kongolesische Armee hat alle verfügbaren Truppen in den Außenbezirken von Goma stationiert. Mittlerweile ist Goma die am meisten militarisierte Stadt in der ganzen Region, doch die Soldaten und Milizionäre sind – wie üblich im Kongo – seit Monaten nicht bezahlt worden und haben kaum Lebensmittelrationen. Vergangenen Donnerstag demonstrierten Soldaten-Ehefrauen vor dem Armeehauptquartier in Goma, weil seit vier Monaten kein Sold auf dem Konto eingetroffen sei.

Die M23-Rebellen, die sich mittlerweile mit anderen zum Bündnis „Allianz des Kongo-Flusses“ (AFC) zusammengeschlossen haben, nutzen die Lage aus. In einer Pressemitteilung nannten sie die Unsicherheit in Goma vor wenigen Tagen „unakzeptabel“ und forderten die dortige Bevölkerung auf, „gemeinsam gegen die kriminellen Taten von Tshisekedis Soldaten“ aufzustehen. Indirekt ist damit gemeint, dass die Kongolesen sich den Rebellen anschließen sollen: „Eine Bevölkerung, die nicht den Mut hat, sich gegen die Unterdrückung aufzulehnen, hat kein Recht, sich zu beklagen.“

Milizionäre sollen Bevölkerung in Ruhe lassen

Um der grassierenden Gewalt in Goma Herr zu werden, beschloss am Donnerstag die Militärverwaltung der Provinz, die seit 2021 unter Kriegsrecht steht, dass die Wazalendo-Milizionäre nicht mehr mit Waffen in die Stadt kommen dürfen, auch nicht in die Vertriebenenlager.

„Wir haben Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit mithilfe der Polizei in den Lagern zu stärken“, versicherte Militärgouverneur General Peter Cirimwami. „Als zweite Maßnahme haben wir die Milizionäre angewiesen, die Lager zu verlassen und die Bevölkerung in Ruhe zu lassen.“

Schwerbewaffnete Milizionäre

Aber die kongolesische Polizei ist noch schlechter bezahlt und ausgestattet als die Armee. Ob sie es mit schwerbewaffneten Milizionären aufnehmen kann, bleibt fraglich. Militärgouvereur Cirimwami bezichtigt unterdessen das Nachbarland Ruanda, die Unsicherheit in Goma mittels „Infiltranten“ angestiftet zu haben: „Es ist eine Strategie des Feindes, die darauf abzielt, Psychosen, Angst und Zwietracht in der Bevölkerung zu erzeugen“, sagte er.

Dieser Meinung sind auch die Wazalendo selbst: „Agenten aus Kigali und Kampala“ würden die Bevölkerung in Goma nun „terrorisieren“, erklärten sie.

Marion Kambale hingegen, Vorsitzender der organisierten Zivilgesellschaft in Goma, erklärt, die Unsicherheit habe ihre Ursachen in „Krieg“, „Arbeitslosigkeit“, „Anstieg der Lebenshaltungskosten“ sowie der umfassenden „Vertreibung der Bevölkerung“.

Immerhin führte ein Militärgericht jetzt einen Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder von drei Zivilisten, die vergangenen Dienstag im Stadtviertel Majengo erschossen wurden. Am Samstag wurde der Beschuldigte Endondo Engulu, ein Soldat der kongolesischen Präsidialgarde, zum Tode verurteilt.

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