Mitbestimmung in der Arbeit: Teil einer aktiven Demokratie

Betriebliche Mitbestimmung fördert nicht nur die Gerechtigkeit bei der Arbeit. Sie ist auch essenziell für eine leb- und wehrhafte Demokratie.

Schild mit der Aufschrift Betriebsrat.

Wichtiges Element unserer demokratischen Verfasstheit: Mitbestimmung im Betrieb Foto: imago

Trotz aller Sonntagsreden über den Wert von Mitbestimmung: Die Gründung eines Betriebsrats, der Einsatz für einen Tarifvertrag oder die Werbung für die Gewerkschaft führt für viele Beschäftigte zu Abmahnungen, Versetzungen oder sogar Kündigungen.

Sobald 2.000 Beschäftigte im Unternehmen erreicht werden und ein mitbestimmter Aufsichtsrat zu wählen ist, wird mancher Unternehmenssitz ins Ausland verlagert, die Betriebe neu aufgeteilt oder die Flucht in eine europäische Gesellschaftsform ohne deutsche Mitbestimmungsregeln gewählt. Ganze Kanzleien haben sich auf das Verhindern von Mitbestimmung im Betrieb spezialisiert.

Wird Mitbestimmung verhindert, ist der Schaden immens, nicht nur im jeweiligen Betrieb. Auch der Schaden für die Gesellschaft ist enorm. Wer im Betrieb keine tatsächliche Mitsprache hat, ist auch für die demokratischen Prozesse unseres Gemeinwesens schwerer zu erreichen. Wer im direkten Alltag nicht erlebt, dass es einen guten Ausgleich zwischen Interessen geben kann, der wird auch keine Kompromisse in der Politik akzeptieren und ist verstärkt für Populismus empfänglich.

Mitbestimmung darf sich in einer Demokratie nicht nur auf Wahlen im Rahmen eines repräsentativen Politiksystems reduzieren. Sie muss auch da angewendet und gelebt werden, wo die Menschen den erheblichen Teil des Tages verbringen: auf der Arbeit.

Betriebliche Mitbestimmung fördert Gerechtigkeit, Arbeitszufriedenheit und Produktivität, vermeidet Konflikte, steigert Innovationen. Indem Beschäftigte Erfahrungen mit demokratischen Entscheidungsprozessen am Arbeitsplatz sammeln, werden sie dazu ermutigt, sich auch in anderen Bereichen zu engagieren, einzumischen und mitzumachen. Dies trägt zu einer lebendigen und aktiven Gesellschaft bei.

Kurzum: Wer sich Sorgen um die Demokratie in unserer Gesellschaft macht (und das müssen wir mehr, als uns lieb ist), der darf die Augen vor der mangelnden Demokratie im Betrieb nicht verschließen.

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