kritisch gesehen: die ausstellung „protest.bewegt.uni“ an der carl-von-ossietzky-universität oldenburg
: Fünfzig Jahre und nur ansatzweise leiser

Leise Protestgesänge hallen durch die holzverkleidete Aula des ehemaligen Lehrerseminars in der Peterstraße 42. Sie sind schon einige Jahre alt und Teil der Ausstellung „Protest.bewegt.Uni“. Zwischen der Orgel und dem massiven Redepult, wo bis Anfang des vergangenen Jahrhunderts evangelische Lehrer ausgebildet wurden, blickt die Ausstellung auf 50 Jahre politische Kämpfe an der Nachfolgeinstitution des Seminars zurück und gibt Impulse für die Zukunft.

Eine Studierenden-Gruppe hat sie anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Uni zusammen mit Stadtmuseum und Uni-Archiv konzipiert. Mit Fotos, Videos, Audioaufnahmen, Flugblättern und Plakaten zeichnet die Ausstellung die Geschichte der Uni nach – vor allem anhand der Entwicklung unterschiedlicher Protestbewegungen, die sich seit in ihrem Umfeld seit der Gründung 1973 gebildet haben.

Objekte, meist von Zeit­zeu­g*­in­nen gespendet, machen sie greifbar. Ein Studierendenausweis, auf dem handschriftlich „Carl von Ossietzky“ ergänzt wurde, erinnert an den Namensstreit: Die Landesregierung, eine SPD-FDP-Koalition, lehnte es ab, die Uni nach dem von den Nazis verfolgten Journalisten und Friedensnobelpreisträger zu benennen.

Koalition gegen Nazi-Opfer

Am zweiten Tag des ersten Semesters bringen Studierende eigenmächtig seinen Namen an der Fassade des Hauptgebäudes an. Unter Polizeischutz wird er entfernt, kurz darauf erneut angebracht. Es folgen 20 Jahre Debatten und Protestaktionen, nicht nur von Studierenden, auch von Lehrenden und Personal. Erst die rot-grüne Koalition unter Gerd Schröder überlässt der Uni schließlich die Namenswahl. Seit 1991 heißt sie offiziell Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg.

Daneben haben gesamtgesellschaftliche Themen die Studierenden bewegt: der Umgang mit der NS-Zeit, Atomkraft, Kalter Krieg und Umwelt. Erst vergangenes Jahr haben Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen einen Teil der Uni besetzt. Den Kämpfen von Frauen und der LGBTQ-Community widmet sich ein eigener Abschnitt. Nach dem geschichtlichen Teil spricht die Ausstellungen die Be­su­che­r*in­nen direkt an. Was Protest für sie persönlich bedeutet, können sie auf Postkarten schildern, die dann selbst ausgestellt werden.

„Die Ausstellung soll nicht nur informieren, sondern auch zum Nachdenken und Handeln anregen“, erklärt Wencke Bammann vom Kurator*innen-Team. Im letzten Teil erzählen Zeit­zeu­g*­in­nen, was sie Ak­ti­vis­t*in­nen von heute auf den Weg geben möchten. Man verlässt den historischen Bau des ehemaligen Lehrerseminars mit der Gewissheit, dass die Protestgeschichte der Uni nicht zu Ende geschrieben ist.

Aljoscha Hoepfner

Ausstellung „Protest.bewegt.Uni“, ehemaliges Lehrerseminar, Peterstraße 42; Mi und Fr 10–17 Uhr, Do 12–20 Uhr, Sa und So 11 –18 Uhr, bis 5. 5.